Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied, dass bei Geschäftsräumlichkeiten ein pandemiebedingter Umsatzrückgang allein noch nicht ausreicht, um einen Anspruch des Mieters auf Entfall oder Minderung des Mietzinses zu begründen.
Bei Geschäftsräumlichkeiten reicht ein pandemiebedingter Umsatzrückgang allein noch nicht aus, um einen Anspruch des Mieters auf Entfall oder Minderung des Mietzinses zu begründen. Das habe der Oberste Gerichtshof (OGH) entschieden, berichtete "Die Presse" (Freitagsausgabe). Es ging um ein Reisebüro, das vom 16. März bis 30. April 2020 und auch noch im Mai für Kunden geschlossen geblieben war. Der OGH sprach jedoch dem Vermieter einen Großteil des eingeklagten Mietzinses zu.
OGH schließt sich der Ansicht des Erstgerichts bezüglich Mietzins an
Der OGH schloss sich laut dem 15-seitigen Spruch (3 Ob 209/21p) der Ansicht des Erstgerichts an, "dass Umsatzeinbußen nur dann für eine Minderung des Mietzinses beachtlich seien, wenn die behördliche Schließung des Geschäftslokals dafür kausal gewesen sei, nicht aber, wenn diese auf andere Gründe, wie z.B. die Verminderung der Reiseaktivitäten zurückzuführen seien".
Umsatzrückgang durch Corona weniger als 10 Prozent
Während des
Betretungsverbots waren weniger als 10 Prozent des Umsatzes im Vergleich
zum Vorjahreszeitraum erwirtschaftet worden, hatten die Gerichte
festgestellt. In der Filiale wurden keine
Reisen mehr gebucht, allerdings wickelten die Mitarbeiter Umbuchungen
und Stornierungen ab und unterstützten Kunden bei der Rückreise nach
Österreich. Nach einigen Tagen übersiedelten die Beschäftigten ins
Home-Office und waren nur noch fallweise im Büro. Auch im Mai blieb das Geschäft für Kunden zu, in den Monaten darauf war eingeschränkt offen.
Kein Mietzins in Lockdown-Phase
Für die Lockdown-Phase bezahlte die Reisebürobetreiberin keinen Mietzins, für
Mai einen Teil - die Vermieterin klagte, die Instanzen kamen jedoch zu
unterschiedlichen Ergebnissen. Das Erstgericht gab weitgehend der
Vermieterin recht und sprach ihr für den Lockdown-Zeitraum 70 Prozent und für
Mai den gesamten Mietzins zu. Das Landesgericht Wien entschied dann
konträr und gab der Mieterin recht: Die Pandemie und deren Folgen seien
nicht dem allgemeinen Unternehmerrisiko zuzuordnen, bei einem Umsatzrückgang von über 90 Prozent habe auch kein Restnutzen des Mietobjekts mehr bestanden - diese Entscheidung hob der OGH nunmehr auf.
Rückgang des Geschäftserfolgs bei Corona rechtfertigt keine Mietzinsreduktion
Ein
erheblicher Rückgang des Geschäftserfolgs des Bestandnehmers
rechtfertige jedoch nicht schon per se eine Mietzinsreduktion, so der
OGH. Sondern nur dann, wenn er "zumindest auf eine nach der Wertung der
§§ 1104 f ABGB dem Bestandgeber zuzurechnende Einschränkung der
Benützbarkeit des Bestandgegenstands" zurückgehe. Das sah der OGH bei
Umsatzeinbußen, die "eine unmittelbare Folge der Pandemie sind" und
sämtliche Unternehmer bzw. die gesamte Branche des Mieters "allgemein
und insgesamt treffen", nicht als gegeben an. Das sei dem
Unternehmerrisiko zuzuordnen und keine Gebrauchsbeeinträchtigung des Mietobjekts.
Entscheidung des OGH zweischneidig
"Der OGH differenziert und verwirft damit die Meinung, sämtliche Umsatzrückgänge aufgrund der Pandemie würden zwangsläufig zu einer Mietzinsminderung führen", sagte Rechtsanwalt Daniel Tamerl in einer ersten Reaktion zur "Presse". Aus Sicht der Praxis sei die Entscheidung aber zweischneidig, so Vonkilch. Vor allem könne aus ihr nicht geschlossen werden, dass es wirklich nur auf "harter Lockdown ja oder nein" ankommt. Denn das Gesetz stelle ausdrücklich auf die "Seuche" ab und nicht auf behördliche Maßnahmen.