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Van der Bellen unterschreibt CETA noch nicht

1-01-1970, 00:00

Der Bundespräsident verweigert vorerst seine Unterschrift unter dem Staatsvertrag mit Kanada. Auf dem Schreibtisch von Alexander Van der Bellen ­absolviert der umstrittene 
CETA-Freihandelspakt seine letzte Station vor der Ratifizierung. Mit der stimmt Österreich dem vollständigen Inkrafttreten des Vertrages zu. Doch eben das will VdB jetzt hinauszögern.

Er wartet die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ab, ob die in CETA vorgesehenen internationalen Schiedsgerichte überhaupt mit EU-Recht in Einklang stehen.

„Ich habe den Staatsvertrag zu CETA, wie es meiner Aufgabe als Staatsoberhaupt entspricht, ausführlich und gewissenhaft geprüft. Das Ergebnis dieser Prüfung ist mit einem Vorbehalt positiv ausgefallen. Es gibt Zweifel, ob die Schiedsgerichte mit EU-Recht konform gehen. Sollte der EuGH entscheiden, dass CETA mit dem Unionsrecht vereinbar ist, werde ich den Staatsvertrag umgehend unterzeichnen“, sagt er.

Falls der EuGH negativ entscheidet, dann bedeutet dies, dass alle entsprechenden Ratifizierungsschritte der Mitgliedstaaten nichtig sind und das Abkommen neu verhandelt werden muss. „Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Einerseits sind die Beschlüsse des Nationalrates und des Bundesrates zu respektieren, andererseits ist die Prüfung und darauffolgende Entscheidung des EuGH zu achten“, so VdB.

Er soll CETA nicht unterschreiben: Grünen-Chef ermahnt seinen Vorgänger VdB

Zwei Wochen lag der Akt in der Hofburg, ehe Alexander Van der Bellen seine Entscheidung bekannt gab, vorerst nicht zu unterschreiben. In dieser Zeit hagelte es Appelle von CETA-Gegnern. Darunter auch Van der Bellens Nach-Nachfolger als Chef der Grünen: Von Werner Kogler kam diese Woche via Videobotschaft der größte Druck auf das Staatsoberhaupt.

Kogler forderte den Bundespräsidenten in einem Video auf, CETA „mit großem Augenmaß“ nicht zu unterschreiben, solange der EuGH nicht über die umstrittenen Sondergerichte entschieden habe. Ein erstes Gutachten wird für Ende ­Oktober erwartet.

Vizekanzler Strache begrüßt Entscheidung Van der Bellens
 

Vizekanzler und FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache hat am Mittwochnachmittag die Entscheidung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, CETA erst nach der Entscheidung des EuGH zu unterschreiben, begrüßt. Aus dem ÖVP-geführten Wirtschaftsministerium hieß, man respektiere die Entscheidung des Bundespräsidenten.

"Die Entscheidung des Bundespräsidenten jetzt einmal CETA nicht zu ratifizieren und das EuGH-Urteil abzuwarten, findet meine volle Unterstützung. Besonders, da es dadurch auch keine zeitliche Verzögerung gibt, weil der Rechtsbereich erst in Kraft tritt, wenn alle Länder ratifiziert haben", so Strache in einer schriftlichen Stellungnahme zur APA.

Aufgrund des Prüfverfahrens des EuGHs werde es Rechtssicherheit bezüglich der endgültigen Abwendung von privaten Schiedsgerichten und zur Sicherung von nationalem Recht erst im Herbst geben, erklärte Strache. "Das ist im Interesse Österreichs eine korrekte und vernünftige Vorgangsweise des Herrn Bundespräsidenten, die Anerkennung verdient", so Strache.

Wirtschaftsministerium: Entscheidung ist zu respektieren

"Die Entscheidung des Herrn Bundespräsidenten, das offene Verfahren am Europäischen Gerichtshof noch abzuwarten, ist selbstverständlich zu respektieren", hieß es aus dem ÖVP-geführten Wirtschaftsministerium zur APA. "Nachdem der ehemaligen Bundeskanzler Christian Kern am 28. Oktober 2016 die Zustimmung zu CETA auf europäischer Ebene gegeben hatte und am 21. September 2017 der EU-Teil vorläufig in Kraft getreten ist, hat auch die Prüfung der Präsidentschaftskanzlei ergeben, dass das Freihandelsabkommen inhaltlich in allen Punkten positiv bewertet und somit der Beschluss des Nationalrates grundsätzlich bestätigt wird", lautete die Stellungnahme aus dem Ressort von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck.


Verfassungsrechtler: Bundespräsident darf Ratifikation aufschieben

Für den verfassungsrechtlichen Berater von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Ludwig Adamovich, bestehen keine verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Absicht des Bundespräsidenten, die Ratifikation von CETA aufzuschieben, bis das von Belgien beantragte Gutachten des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vorliegt.

Im konkreten Fall gehe es nicht darum, dass der Bundespräsident die Ratifikation überhaupt verweigern will, sondern, dass er vielmehr das von Belgien beantragte Gutachten des EuGH abwarten und bei positiver Beurteilung das Abkommen ratifizieren will, betont der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) in seinem von der Präsidentschaftskanzlei veröffentlichten Gutachten betreffend des Aufschubs der Ratifikation von CETA.

Im Falle eines positiven Urteils wird er die Ratifikation vornehmen


Laut Adamovich hat der Bundespräsident aufgrund eines Beschlusses der Bundesregierung vom 16. Mai 2018 die Wahl, die Ratifikation vorzunehmen oder zu verweigern. "Der Bundespräsident will aber das Gutachten des Europäischen Gerichtshofes abwarten. Im Falle eines positiven Urteils wird er die Ratifikation vornehmen; im Fall eines negativen Gutachtens muss der Vertrag neu verhandelt werden."

Belgien hat demnach den EuGH um eine Antwort auf die folgende Frage ersucht: "Ist das am 30. Oktober 2016 in Brüssel unterzeichnete umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten andererseits in seinem Kapitel Acht ("Investitionen") Abschnitt F ("Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Investoren und Staaten") mit den Verträgen - einschließlich der Grundrechte - vereinbar?"

Gutachten habe allgemein bindende Wirkung in der EU

Dem EuGH komme entscheidende Bedeutung zu: "Ist das Gutachten des Gerichtshofes ablehnend, so kann die geplante Übereinkunft nur in Kraft treten, wenn sie oder die Verträge geändert werden". Das Gutachten wirke also nicht nur zwischen den Prozessparteien, sondern habe allgemein bindende Wirkung im Bereich der gesamten Europäischen Union.

Somit stünden beim Aufschub der Ratifikation durch den Bundespräsidenten keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen und es liege auch kein Widerspruch zum Standpunkt des Verfassungsexperten Theo Öhlinger vor, der die Auffassung für möglich halte, dass der Akt der Ratifikation (Notifikation) von Staatsverträgen nicht anders zu sehen sei, wie die dem Bundespräsidenten obliegende Aufgabe zur Beurkundung des verfassungsmäßigen Zustandekommens eines Bundesgesetzes.

"Sieht man die Problematik so, dann steht es nicht im Ermessen des Bundespräsidenten, die Ratifikation vorzunehmen oder nicht, ebenso wenig wie ihm bei der Beurkundung des verfassungsmäßigen Zustandekommens eines Bundesgesetzes ein Ermessen zukommt", hält Adamovich fest. Öhlinger räume aber selbst ein, dass es Fälle geben könne, die den Bundespräsidenten zur Verweigerung der Ratifikation berechtigten, wie bei gewichtigen außenpolitischen Gründen.

"Ohne Zweifel sind schon aus historischen Gründen alle Probleme äußerst heikel, die das Zusammenspiel von Bundespräsident und Parlament betreffen. Die vorgeschlagene Lösung vermeidet eine solche Auseinandersetzung", so Adamovich.


 

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