Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich am Mittwoch vom durchgesickerten Entwurf einer neuen Social-Media-Richtlinie für den ORF "mehr als nur überrascht" gezeigt. Es handle sich zwar um eine "Angelegenheit des ORF", aber den "Erlass" sehe er "sehr skeptisch", betonte Kurz im Pressefoyer nach dem Ministerrat.
Seit gestern steht die ORF-Welt kopf, zumindest wenn man sich die Twitter-Einträge diverser Moderatoren und Redakteure des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu Gemüte führt. Denn seit aus dem Büro von ORF-General Alexander Wrabetz die neuen Social-Media-Richtlinien für Armin Wolf und Co. verschickt wurden, herrscht im ORF "Revolutionsstimmung".
Die E-Mail des Generaldirektos hat es in sich. ORF-Mitarbeiter hätten „auch im privaten Umfeld“ auf „Äußerungen und Kommentare in sozialen Medien“ zu verzichten, die eine Meinung oder Haltung zu Parteien, Institutionen oder Akteuren artikulieren. „Im Zweifel“ sollten sie lieber gar keine Meinung äußern. Im Klartext: Kritik an Politikern solle es künftig auf Social Media nicht mehr geben.
Grund genug für die ORF-Stars, am Küniglberg Sturm zu laufen.
So twitterte zum Beispiel Ö1-Redakteur Stefan Kappacher:
Und auch Armin Wolf macht seinem Ärger indirekt Luft:
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz verwies in einer ersten Stellungnahme auf die bereits bestehenden Richtlinien der BBC
Mittwoch Mittag zeigte sich der ORF-General schon gesprächiger, wies aber jegliche Kritik seitens seiner Mitarbeiter wie auch der ausländischen Presse von sich.
Dieser Entwurf sei vergangenen Freitag an Redakteursrat, Zentralbetriebsrat, Chefredakteure und ORF-Direktoren gegangen, erklärte Wrabetz. Nachdem das Papier publik geworden war, schickte er nun noch eine Information an denselben Adressatenkreis nach: "Der guten Ordnung halber" hält er darin fest, dass der Text "ein Entwurf ist, der noch mit der Redakteursvertretung und dem Zentralbetriebsrat beraten wird", heißt es in dem der APA vorliegenden Schreiben: "Darüber hinaus bin ich für Anregungen im Hinblick auf Formulierungen dankbar."