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12-Stunden-Tag: Regierung gibt nach

1-01-1970, 00:00

Die Koalition hat am Donnerstag versichert, ihren Antrag zur Höchstarbeitszeit noch zu verändern und die Freiwilligkeit von längerer Arbeit sicherzustellen. In einer gemeinsamen Stellungnahme kündigen die Klubchefs August Wöginger (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) "Klarstellungen" vor dem parlamentarischen Beschluss an, freilich ohne ins Detail zu gehen.

Klar sei, dass der Acht-Stunden-Tag bleibe: "Wer freiwillig mehr arbeiten möchte, wird das in Zukunft können und somit entweder mehr Freizeit oder mehr Geld bekommen." Die Klubobleute richteten zudem wie am Tag davor Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einen Aufruf an alle Interessenvertreter, "sachlich zu bleiben, keinen falschen Jubel und keine Unwahrheiten zu verbreiten". Versichert wurde, dass noch die Stellungnahmen aus dem sogenannten Begutachtungsverfahren, das ÖVP und FPÖ selbst eingeleitet haben, berücksichtigt werden.

SPÖ will "mit allen Mitteln" gegen Gesetz vorgehen

 Die SPÖ läuft weiter Sturm gegen das von der Regierung eingebrachte Arbeitszeitgesetz, das künftig generell 12-Stunden-Tage ermöglichen soll. "Die SPÖ wird mit allen Mitteln gegen dieses Gesetz vorgehen", kündigte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder am Donnerstag vor Journalisten an. Das Mittel der Wahl ist vorerst eine Sondersitzung im Nationalrat.

Der Termin dafür stehe noch nicht fest, da Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nur "schlechte" Termine vorschlage, also am späten Nachmittag, an dem Schieder von geringerem Medieninteresse ausgeht. Die SPÖ wolle an einem beliebigen Tag Anfang kommender Woche einen medial sichtbareren Termin. "Wir werden uns aber nicht mundtot machen lassen, wurscht, wann das ist", versicherte Schieder.

"Konzernkanzler und Arbeiterverräter"

Aus Schieders Sicht haben "Konzernkanzler (Bundeskanzler Sebastian) Kurz und Arbeiterverräter (Vizekanzler Heinz-Christian) Strache" das Gesetz auf Wunsch von Wirtschaft und Industrie eingebracht. KTM-Chef Stefan Pierer habe im Wahlkampf gut 400.000 Euro gespendet "und wünscht sich im Gegenzug, zwölf Stunden sollten möglich sein", so der SPÖ-Klubobmann. Auch verwies Schieder auf ein "Kurier"-Interview Straches aus seiner Zeit als Oppositionspolitiker, in dem er den 12-Stunden-Tag als "asoziale, leistungsfeindliche Idee" bezeichnet hatte.

Inhaltlich sei das Gesetz ein Lohn-, Freizeit- und Gesundheitsraub. Im ganzen Gesetzesantrag komme das Wort freiwillig nicht vor, es komme auch nicht vor, dass die Arbeitnehmer ein Recht darauf hätten, sich die Zeit selber einzuteilen.

Änderung nicht ausreichend

Schieder würde es aber auch nicht genügen, sollte in das Gesetz die Freiwilligkeit der 11. und 12. Stunde eingebaut werden, wie es Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am Mittwoch in der "ZiB2" angedacht hatte und auch die ÖVP- und FPÖ-Klubobleute in Aussicht stellen. Das würde nichts daran ändern, dass das Gesetz strukturell arbeitnehmerfeindlich sei und "viel Frechheiten gegenüber den Arbeitnehmern" beinhalten würde.

Auch kritisierte Schieder, dass Menschen mit Gleitzeit künftig 60 Stunden arbeiten könnten, ohne einen Zuschlag zu erhalten. Arbeitszeiten für alle würden länger, aber nicht flexibler, denn die Arbeitnehmer müssten sich künftig rechtfertigen, wenn sie Freizeit vorziehen, statt dass wie bisher der Chef längere Einsätze begründen müsste. Auch falle die generelle Sonntagsruhe, da jedem an vier Wochenenden im Jahr Arbeit zugemutet werden könne. Aus 52 freien Wochenenden würden nur mehr 48.

ÖAAB Oberösterreich pocht auf Freiwilligkeit

Der stellvertretende Landesobmann des ÖAAB Oberösterreich und Vizepräsident der Arbeiterkammer Helmut Feilmayr pocht auf die Freiwilligkeit des 12-Stunden-Tags, wie er in einer Presseaussendung am Donnerstag feststellte. Außerdem verlangt er, dass die 11. und die 12. Überstunde immer zuschlagspflichtig sein müsse.

Feilmayr hat demnach "kein Verständnis" dafür, dass der 12-Stunden-Tag künftig mehr oder weniger zwangsweise angeordnet werden könne. Bisher habe es das Recht der Arbeitnehmer gegeben, Sonderüberstunden in betriebsratslosen Betrieben abzulehnen, was die 11. und 12. Arbeitsstunde betrifft. In Zukunft solle dieses Ablehnungsrecht an überwiegende persönliche Gründe gebunden werden. Das sei ein "relativ zahnloses Instrument für die Arbeitnehmerschaft", kritisierte er.

Zur Abgeltung der Überstunden fordert Feilmayr, dass sich der Grundsatz "Leistung muss sich lohnen" keinesfalls nur für die Wirtschaft, sondern vielmehr auch für die Arbeitnehmer gelten müsse. Dementsprechend müsse die 11. und 12. Überstunde an jedem Arbeitstag immer mit einer 50-prozentigen Zuschlagspflicht ausgestattet werden. 50-Prozent-Zuschlagspflicht bedeute: 50 Prozent mehr Lohn pro geleisteter Überstunde oder Zeitausgleich im Verhältnis 1 : 1,5. Und eine mögliche Ausdehnung der maximal möglichen Tagesarbeitszeit auf 12 Stunden müsse auch einen Rechtsanspruch der Arbeitnehmerschaft auf zusammenhängende Freizeitblöcke auf Basis der erarbeiteten Mehr- und Überstunden mit sich bringen. Bei den zusammenhängenden Freizeitblöcken sieht der schwarze Arbeitnehmervertreter zwei Möglichkeiten: entweder einen zusammenhängenden Freizeitblock von mindestens einer ganzen Arbeitswoche pro Arbeitsjahr, oder zwei zusammenhängende Freizeitblöcke von mindestens 3 Arbeitstagen hintereinander pro Jahr.

Regner spricht von "Lohnraub zuhause"

Die SPÖ-Delegationsleiterin im EU-Parlament, Evelyn Regner, hat die "aktuellen Vorgänge um den 12-Stunden-Tag in Österreich" als "Lohnraub zuhause" kritisiert. Wer so den Druck auf Arbeitnehmer erhöhe, werde sich nicht für EU-weite Mindeststandards bei der Work-Life-Balance einsetzen, sagte sie am Donnerstag zum Sozialrat in Luxemburg.

Regner fürchtet eine bewusste Verzögerungstaktik durch die österreichische Regierung. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) würden gegen jeden sozialpolitischen Fortschritt kämpfen. Regner forderte die Regierung auf, sich auch für Wien als Standort der Arbeitsmarktbehörde einzusetzen. Doch dürfte die schwarz-blaue Koalition an einer handlungsfähigen Kontrollbehörde im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping ohnehin keinerlei Interesse haben, meinte sie.

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