Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) hat heute im Korruptionsprozess gegen ihn und andere seine Rolle bei der Privatisierung der Buwog kleingeredet. Ein Finanzminister setze nichts um, er könne operativ praktisch gar nichts tun. Deswegen habe er ja unter anderem die US-Investmentbanker von Lehman Brothers eingesetzt, die der Republik beim Buwog-Verkauf zehn Mio. Euro gekostet haben.
Dass es bei der Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog) eine zweite Bieterrunde gegeben habe, sei nicht von ihm beeinflusst worden, sondern von der Vergabekommission, die er eingesetzt habe. Er habe keine Verhandlungen geführt.
Weiters habe er mit dem mitangeklagten Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger rund um den Verkauf keinen Kontakt gehabt, sagte Grasser und verwies auf seinen Terminkalender. Hingegen hatte Meischberger in seinem Terminkalender ein Treffen mit Grasser am 14. Juni eingetragen. Laut Grasser sei sein eigener Terminkalender genau geführt worden, daher könne der Eintrag bei Meischberger nicht stimmen.
Daher habe er auch nicht Meischberger den Tipp geben können, wie viel der letztendliche Käufer - die Immofinanz - anbieten musste. Von ihm, Grasser, habe Meischberger jedenfalls keine Infos erhalten. Des Weiteren habe es gar keine Finanzgarantie des Mitbewerbers der Immofinanz - der CA Immo - gegeben, wie von der Staatsanwaltschaft behauptet wird. Die angebliche "Finanzierungsgarantie" von rund 960 Mio. Euro sei in Wahrheit das "Gesamtinvestitionsvolumen" der CA Immo in der ersten Angebotsrunde gewesen, als die CA Immo noch 922,7 Mio. Euro geboten habe.
Meischberger, Peter Hochegger und Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics haben - in diesem Punkt übereinstimmend ausgesagt, dass in der letzten Phase der Privatisierung von Meischberger über Hochegger die Information weitergegeben wurde, das Immofinanz/RLB-OÖ-Österreich-Konsortium solle mehr als 960 Mio. Euro bieten. Sie boten 961,3 Mio. Euro, knapp mehr als die CA Immo mit 960,1 Mio. Euro.
Grasser räumte aber ein, dass er insofern in den Buwog-Verkauf eingebunden war, als dass es seitens der Opposition und der Medien einen großen Informationsbedarf gab. Er habe auch das erste verbindliche Angebot für die Buwog gekannt. Die "Zielgröße" von 960 Mio. Euro sei vielleicht damals am Markt bekannt gewesen, meinte Grasser. Meischberger habe wohl gute Informationen "vom Markt" gehabt. Vielleicht sei es ja auch "ein simpler Zufall" gewesen, dass die beiden letzten Angebote, der CA Immo und des Österreich-Konsortiums, so knapp beieinander gelegen seien.
Wodurch weiterhin die Frage offen ist, warum dann die Immofinanz für den Tipp, wie viel sie für die Bundeswohnungen bieten muss, ein Prozent des Barpreises, also rund 9,6 Mio. Euro, an Peter Hochegger und Grassers Trauzeugen Meischberger gezahlt hat.
Etwas überraschend war der Vorwurf Grassers an die Staatsanwälte, dass diese keinerlei Erfahrungen mit Privatisierungen hätten - ihn aber gleichzeitig zum "Harry Potter der Privatisierungen" machten, so Grasser, der über zwei Stunden seinen Monolog vor Richterin Marion Hohenecker führte. Nun ist eine kurze Pause angesetzt.
Grasser hat entschieden bestritten, dass es den in der Anklageschrift beschriebenen "Tatplan", wonach er und andere bei Privatisierungen und Aufträgen der damaligen schwarz-blauen Bundesregierung durch Korruption mitverdienen wollten, je gegeben habe. "Ich halte diesen Tatplan für eine Erfindung der Staatsanwaltschaft", sagte Grasser.
Grasser warf auch dem - mitangeklagten - früheren Geschäftspartner und Lobbyisten Peter Hochegger Falschaussage vor. Hochegger hatte im laufenden Prozess ein Teilgeständnis abgelegt und damit Grasser belastet.
Weiters warf Grasser dem Belastungszeugen Willibald Berner Falschaussage vor. Berner hatte ausgesagt, der - nun mitangeklagte - Peter Hochegger habe ihn im Jahr 2000 von einem "Tatplan" erzählt, wonach Grasser auf der einen Seite und der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) auf der anderen Seite mit ihren Freunden und Vertrauten durch Einnahmen aus Bestechung von der Regierungstätigkeit profitieren wollten.
Berner habe gelogen, weil er ein "Roter" und außerdem einer der besten Freunde des weiteren Belastungszeugen Michael Ramprecht sei, meinte Grasser. Auch Ramprecht habe nur aus persönlichen Gründen seine belastenden Aussagen gegen Grasser gemacht, unter anderem, weil Grasser seine Tätigkeit nicht verlängert habe. Berner war damals, zum Zeitpunkt des von ihm ausgesagten Gesprächs im Jahr 2000, Kabinettschef im FPÖ-geführten Infrastrukturministerium. Grasser meinte heute, dass das Infrastrukturministerium gar keine Rolle bei Privatisierungen und großen Aufträgen gespielt habe, weil alles durch das Finanzministerium, direkt oder indirekt, gesteuert worden wäre. Daher hätte es gar keinen Sinn gemacht, mit Berner über einen allfälligen "Tatplan" der Korruption überhaupt zu sprechen.
Für Grasser ist auch die Tatsache, dass Berner erst im Jahr 2009 vor der Staatsanwaltschaft von dem angeblichen Gespräch mit Hochegger im Jahr 2000 ausgesagt hatte, ein Argument dafür, dass dessen Angaben unglaubwürdig seien. Im Jahr 2009 waren erstmals die Vorwürfe wegen angeblicher Korruption Grassers bei der Privatisierung der Bundeswohnungen aufgekommen. Weiters habe Hochegger laut Berner von einer liechtensteinischen Firma mit englischem Namen gesprochen, diese angebliche Firma sei aber von der Staatsanwaltschaft nie gefunden worden, so der Ex-Finanzminister.
Berner und Ramprecht hätten auch behauptet, Grasser sei bei der Privatisierung des Dorotheums korrupt gewesen. Ein weiterer Zeuge, der frühere Soravia-Manager Martin Ohneberg, hätte Berner nach dessen Angaben gesagt, "bei uns (beim Dorotheum, Anm.) hat er (Grasser, Anm.) nur Bargeld genommen". Auch das sei gelogen, so der nunmehrige Angeklagte: Das Verfahren wegen Korruptionsverdacht bei der Dorotheums-Privatisierung sei nach sechs Jahren Ermittlungen eingestellt worden.
Der Rechnungshof hatte 2012 die Privatisierung des Dorotheums im Jahr 2001 unter Grasser scharf kritisiert. Der Verkauf des Dorotheums sei "zu einem wirtschaftlich ungünstigen Zeitpunkt" erfolgt, der Verkaufserlös des Bundes lag mit 70,57 Mio. Euro "um rund 10 bis 20 Mio. Euro unter der Verkaufspreisempfehlung seitens der Investmentbank".
Einen "Tatplan" der Korruption und Bereicherung habe es nie gegeben, sagte Grasser heute. Stattdessen frage er sich, ob es nicht einen "Masterplan" seiner politischen Gegner und anderer gegeben habe, um sich bei ihm zu revanchieren, dass er dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wesentlich zu seinem großen Wahlerfolg im Jahr 2002 geholfen habe. SPÖ und Grüne hätten verhindern wollen, dass er jemals wieder zurück in die Politik komme. Bereits 2003 hätten Berater der SPÖ gesagt, die Partei müsste Grasser unglaubwürdig machen.
Grasser hat seine Stellungnahme in einer "Gegenschrift" zur Anklage zusammengefasst, auf die er heute mehrmals verwies.