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ÖSTERREICH erklärt den 12-Stunden-Tag

1-01-1970, 00:00

Wien. Die Regierung hat es eilig und verzichtet auf das gängige Gesetzgebungsverfahren, denn ab 2019 soll die Möglichkeit, 12 Stunden zu arbeiten, bereits bestehen. Die Wogen gehen seit dieser überraschenden Ankündigung hoch: Die Gewerkschaft kündet Proteste an (s.r.). ÖSTERREICH beantwortet die wichtigsten Fragen.

1: Muss ich jetzt 12 statt 8 Stunden täglich arbeiten?

Arbeitszeit. Nein, an der Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden und 8 Stunden am Tag ändert sich nichts. Allerdings wird die Höchstarbeitszeit von 50 auf 60 Wochenstunden und von 10 auf 12 Stunden ange­hoben. Den Arbeitgebern wird es massiv erleichtert, die 60-Stunden-Woche zu verhängen. Der Betriebsrat muss nicht mehr zustimmen. Auch muss ein „drohender wirtschaftlicher Schaden nicht mehr nachgewiesen werden, falls die ­Arbeitnehmer nicht länger arbeiten. Künftig reicht ein „erhöhter Arbeitsbedarf.“

2: Basiert die Mehrarbeit auf Freiwilligkeit?

Arbeitsplatz. Die Koalition betont, dass auf freiwilliger Basis mehr gearbeitet werden kann. Die Freiwilligkeit findet sich allerdings nicht im Gesetzesentwurf. Das führt auch zu großer Kritik in SPÖ und ÖGB (siehe Kasten rechts). In den meisten Dienstverträgen steht außerdem die Verpflichtung zu Überstunden festgeschrieben. Die Befürchtung ist: Wer ablehnt, muss um seinen ­Arbeitsplatz fürchten.

3: Wann darf ich den 12-Stunden-Tag ablehnen?

Kinderbetreuung. Laut Entwurf gibt es die Möglichkeit, den 12-Stundentag aus „überwiegend persönlichem Interesse“ abzulehnen. Die Formulierung lässt allerdings viel Spielraum. Ein Tenniskurs, der jeden Dienstagabend stattfindet, fällt eher nicht darunter. Ob Kinderbetreuungspflichten gelten, ist noch fraglich. Vor allem dann, wenn es etwa Alleinerzieherinnen betrifft, die ihr Kind täglich abholen müssen.

4: Was bekomme ich als Ausgleich?

Zuschläge. Die 50-prozentigen Überstunden-Zuschläge bleiben bestehen, die Durchrechnungszeiträume ändern sich nicht. Experten glauben aber, dass es Auswirkungen für Arbeitnehmer mit All-in-Verträgen geben könnte. Die Idee der Flexibilisierung ist außerdem, dass sich Arbeitnehmer leichter Ausgleichstage für ihre Mehrarbeit freinehmen können – etwa in Gleitzeit-Modellen.

5: Was sagt die EU zu diesen Plänen?

Richtlinie. Es gibt eine ­Arbeitszeitrichtlinie der EU, die mit den Plänen der Regierung im Einklang ist. Laut dieser darf es pro Woche aber nicht mehr als 20 Überstunden geben – deswegen die 60-Stunden-Woche. Und in einem Zeitraum von 17 Wochen darf die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten. 
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