Es ist das 16. Tötungsdelikt des heurigen Jahres – womit in Wien in einem halben Jahr schon so viele Menschen ermordet wurden wie im ganzen Jahr 2016 – und es ist ein besonders trauriger Fall. Laut Polizei handle es sich „mehr um eine tragische Familiengeschichte als um einen klassischen Mord“:
Am Freitagabend drang die Polizei in die Wohnung der pensionierten und schwer kranken Blockflöten- und Klavierlehrerin Eva O. ein. Die 69-Jährige lag tot in ihrem Bett, ihr langjähriger Lebensgefährte wurde bewusstlos in der Küche gefunden.
Nach derzeitigem Ermittlungsstand soll der 82-Jährige, bei dem es sich um einen Musiker, Schriftsteller und Kolumnisten handelt, seine Partnerin mit einem Medikamenten-Cocktail vergiftet und getötet haben. Danach nahm bzw. trank er ebenfalls von dem Gift-Gebräu – doch bei ihm wirkte die Dosis nicht so stark. Er wurde im letzten Moment gefunden und mit der Berufsrettung in ein Spital gebracht. Sein Zustand war bei Redaktionsschluss ungewiss.
Alarm hatte die 24-Stunden-Pflegekraft von Eva O. geschlagen. Laut einer Nachbarin war die 69-Jährige vor zwei Jahren schwer neurologisch erkrankt. Zuletzt konnte sie nicht mehr sprechen und gehen. Und die ärztliche Behandlung hatte all ihre Ersparnisse aufgefressen. Ihr Freund, der eine eigene Wohnung hat, besuchte sie fast täglich und war auch oft mit Blumen gekommen. Mit dem gesundheitlichen Zustand seiner Frau und der Pflege dürfte der Dichter allerdings eher überfordert gewesen sein.
Eine andere Bewohnerin des Hauses in der Franz-Koci-Straße, Prysca W., meint gegenüber ÖSTERREICH: „Er suchte weniger den Kontakt zu uns. Sie dagegen war eine total liebe Frau. Ich bin total geschockt.“ Laut einer weiteren Nachbarin habe die Pflegerin bereits seit drei bis vier Tagen versucht, zu ihrem Schützling vorzudringen, doch der Mann ließ sie nicht hinein: „Er riss die Tür auf und schrie: ‚Verziehen Sie sich.‘“ Auch am Handy, wo die Ex-Konservatoriums-Lehrerin zuletzt via SMS kommunizierte, war sie nicht mehr erreichbar. So flog das Drama in Favoriten auf. Für den mordverdächtigen Herbert P. gilt die Unschuldsvermutung.
(sia, kor)