Die Ära Häupl ist vorbei - aber zumindest der Vorname bleibt: Seit Donnerstag, 15.50 Uhr, ist Michael Ludwig (SPÖ) Bürgermeister von Wien. Der bisherige Wohnbaustadtrat wurde im Gemeinderat zum Nachfolger von Michael Häupl gewählt, der nach fast 24 Jahren den Chefsessel räumte. Die vier neuen Stadträtinnen und Stadträte, die Ludwig in die Regierungsmannschaft geholt hat, wurden ebenfalls angelobt.
56 von 99 gültigen Stimmen entfielen bei der geheimen Wahl auf Ludwig. Das bedeutet, dass nicht nur die 54 Mandatare der SPÖ und der Grünen für den neuen Bürgermeister votiert haben. Ein Stimmzettel war ungültig. Unter tosendem Applaus gab es ein Küsschen von Häupl, der seinen Nachfolger zu seinem angestammten Sitzplatz geleitete, diesen gewissermaßen übergab und sich danach - inzwischen ohne Funktion - auf die Besuchergalerie des Stadtparlaments zurückzog.
Häupl gewürdigt
Launige Würdigungen für Ex-Bürgermeister Michael Häupl gab es hernach von allen Fraktionen. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger attestierte Häupl Charakterfestigkeit und gestand: "Ja, Sie werden mir fehlen." ÖVP-Klubobmann Manfred Juraczka verhehlte nicht die inhaltlichen Differenzen - aber: "Mit Dir zu streiten hat oft viel mehr Spaß gemacht, als mit anderen einer Meinung zu sein." Eher angriffiger zeigte sich FPÖ-Klubchef Anton Mahdalik, der Kritik an der Finanz- und Migrationspolitik übte und meinte: "Vieles hat sich in dieser Zeit verändert - auch zum Negativen."
Grünen-Urgestein Christoph Chorherr lobte Häupl indes für dessen Mut, sich 2010 für Rot-Grün entschieden zu haben. SPÖ-Klubobmann Christian Oxonitsch dankte nicht nur Häupl, sondern verabschiedete auch die ausgeschiedenen Ressortchefs Renate Brauner, Andreas Mailath-Pokorny und Sandra Frauenberger. Letztere bleibt übrigens als Mandatarin im Gemeinderat.
Am Nachmittag übermittelte außerdem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) per Aussendung seine Anerkennung: "Sein Engagement für die Wienerinnen und Wiener ist sicher beispiellos. Auch wenn wir in vielen Fragen nicht einer Meinung waren, hat Häupl durch seinen einzigartigen Stil und seine besonderen Verdienste für die Stadt Wien die heimische Politik entscheidend mitgeprägt."
Kern mit Wein-Foto
Auch SPÖ-Chef Christian Kern verabschiedete den ehemaligen Wiener Bürgermeister - mit einer Flasche Wein. Die Wiener Punkrock-Band "Turbobier" veröffentlichte auf ihrer Facebook-Seite ein Foto, das den Ex-Kanzler mit einer Pappfigur von Häupl zeigt. "Der Kern der Sache: EINESCHITTN!", schrieben sie dazu.
Die Meinungen, ob Kern damit Humor beweist, oder ob die Aktion doch eher peinlich ist, sind geteilt.