Alexander Wrabetz blickt am Sonntag gespannt auf die Schweiz. Dort wird im sogenannten „No Billag“-Votum abgestimmt, ob die Schweizer Radio- und Rundfunkgesellschaft (SRG) künftig noch Gebühren einheben darf oder ob alle öffentlichen Gelder für die SRG gestrichen werden. Im ÖSTERREICH-Interview zeigt sich der ORF-Generaldirektor „zuversichtlich, dass die Schweizer für den Erhalt der SRG stimmen werden“. Zudem nimmt sich Wrabetz – der in Österreich gerade versucht eine Volksabstimmungsdebatte gegen ORF-Gebühren abzuwehren – ein Vorbild an den Schweizer Kollegen. Diese haben bis zuletzt in ihren Programmen via SRG-Journalisten und Stars „erklärt, warum die Gebühren nötig“ seien.
Glaubt man letzten Umfragen, waren diese Infokampagnen erfolgreich: 65 Prozent sagen Nein zur Abschaffung der Gebühren. Sollte die Abstimmung heute wirklich so ausgehen, würde die FPÖ vielleicht die Lust an einer Volksabstimmung in Österreich wieder verlieren. Die Blauen wollen bekanntlich die Gebühren für den ORF kippen und ihn stattdessen aus dem Budget finanzieren. „Demokratiepolitisch der falsche Weg“, kontert Wrabetz.
ORF-Chef Wrabetz sagt, dass er sich Schweizer zum Vorbild nimmt.
ÖSTERREICH: Heute stimmt die Schweiz per Referendum über ihre Gebühren für den SRG ab. Könnte das ein Vorbild für Österreich sein?
Alexander Wrabetz: Ich hoffe, dass die Schweizer nicht für die Abschaffung ihrer Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) stimmen. In der Schweiz geht es schließlich nicht um die Debatte, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk aus Gebühren oder Budget finanziert werden soll, sondern um die Streichung jeglicher öffentlicher Mittel. Das würde das Ende der SRG bedeuten. Ich denke, dass die Schweizer das wissen und daher gegen das Aus stimmen.
ÖSTERREICH: Aber befürchten Sie auch eine Volksabstimmung bei uns, wie das etwa die FPÖ fordert?
Wrabetz: Ich bin sehr zuversichtlich, was die Schweiz angeht, weil die SRG auch sehr gute Infokampagnen in vielen ihrer Sendungen, mit sämtlichen ihrer Stars und Journalisten, gebracht hat, die sehr gut erklärt haben, was die SRG leistet. Das wollen wir, unabhängig davon, ob eine Befragung kommt oder nicht, im ORF auch machen. Bei uns hoffe ich, dass das Mittel der direkten Demokratie, das ausgebaut wird, nicht als Instrument einer Regierungspartei benützt wird, und man den Mut hat, das in der Regierung auszudiskutieren, statt eine Volksabstimmung zu machen.
ÖSTERREICH: Die FPÖ möchte, dass der ORF aus dem Staatsbudget statt über Gebühren finanziert wird. Was würde das aus Ihrer Sicht bedeuten?
Wrabetz: Der oberösterreichische FPÖ-Chef Haimbuchner hat in einem Zeitungsinterview ja gesagt, wie er sich das vorstellt. Über Finanzierung des Budgets würde die Regierung dann die „Objektivität“ von unserer Berichterstattung kontrollieren und könnte dann Gelder streichen. Er meinte, es sei gut, wenn sich die Journalisten ein wenig fürchten. Über diese Ehrlichkeit bin ich dankbar. Denn so ein System wäre demokratiepolitisch der falsche Weg. Daher bin ich strikt dagegen. Zudem würden ein Ein- oder Zweijahresbudget auch die Planungssicherheit für uns und auch die Filmwirtschaft gefährden.
ÖSTERREICH: Sie klagen den FPÖ-Chef auch wegen seines Lügen-Postings gegen ZiB-2-Anchor Armin Wolf. Eine ungewöhnliche Situation, nicht?
Wrabetz: Natürlich ist es eine ungewöhnliche Situation, die auch in niemandes Interesse sein kann. Aber nachdem dieses Posting alle ORF-Journalisten diffamiert hatte und via Facebook und FPÖ-nahe Online- Medien eine Verbreitung von 1,5 Millionen Viewern hatten, müssen wir dagegen vorgehen. Wir hatten ursprünglich eine Löschung und Entschuldigung gefordert, das ist nicht passiert. Mittlerweile ist es gelöscht. Aber unsere Klage auf Widerruf – die sich auch gegen Facebook richtet – bleibt aufrecht. Facebook hat sehr rasch reagiert und auch Vergleichsgespräche angeboten, die wir prüfen werden.
ÖSTERREICH: Deutsche Medienstars haben an Kanzler Kurz appelliert, die FPÖ-Angriffe auf den ORF einzustellen. Haben Sie den Eindruck, die Regierung will den ORF völlig kontrollieren?
Wrabetz: Wir freuen uns über internationale Unterstützung, aber Vergleiche mit Polen sind natürlich völlig überzeichnet. Ich hoffe, dass bei der FPÖ das Bewusstsein nun gewachsen ist, unsere Arbeit zu respektieren. Man kann uns kritisieren, aber man soll uns nicht pauschal diffamieren. Und jenseits von Nicht-Angriffen auf unsere Journalisten geht es auch darum, wie man als Regierungspartei insgesamt zu einem starken ORF steht. Ich hoffe, dass auch durch das Votum in der Schweiz da wieder mehr Ruhe in die Debatte einkehren wird. Interview:
Isabelle Daniel