1-01-1970, 00:00
Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) sieht das Aufbrechen interner Konflikte als Ursache für die Eskalation im Syrien-Krieg. Es sei nicht mehr zu sagen, wo die Frontverläufe seien, "da vermischt sich vieles". Für die EU stelle sich die Aufgabe, den Kontakt zu vielen Drahtziehern suchen zu müssen. "Wir kommen dem Konflikt nicht aus, wir werden uns damit beschäftigen müssen."
"Das hat sich 2015 geändert"
Zur Möglichkeit einer neuen Flüchtlingswelle sagte Kneissl beim informellen EU-Außenministerrat in Sofia, es sei "keine ausgemachte Sache", dass sich Menschen aus der Region wieder in Bewegung setzten, über ihre eigene Region hinaus. Man müsse aber auch bedenken, dass uns "die Region verdammt nahe ist. Alle haben 2015 mitbekommen, dass man zu Fuß aus Damaskus nach Mitteleuropa kommt". Die jüngste Flüchtlingswelle habe zu keiner Zeit in der Geschichte wie jetzt so viele Herkunftsländer und Transitländer erfasst. Früher wollten bei diversen Nahostkonflikten die Menschen eigentlich immer in ihrer Region bleiben. "Das hat sich 2015 geändert."
Lob gab es von der Außenministerin für die Arbeit des UNO-Sonderbeauftragten Staffan de Mistura: "Ich bewundere die Beharrlichkeit von de Mistura, die Gesprächskanäle aufrechtzuerhalten." Gleichzeitig betonte Kneissl, dass es zu wenig sei, Konferenzen mit einer Dauer von nur zwei oder drei Tagen zu dem Thema abzuhalten. Hier müsste es wochenlange Gespräche geben.
"Traue mir keine Prognose zu"
Vergangenes Jahr habe sie den Eindruck gehabt, dass sich der Syrien-Krieg dem Ende zuneige. Jetzt, nachdem es gelungen sei, den gemeinsamen Feind IS zu bewältigen, "brechen unendlich viele interne Konflikte auf". Zuletzt gab es auch eine verschärfte Komponente aufgrund der Situation Israels. Erstmals sei Israel gehindert worden, den syrischen Luftraum zu durchqueren. Dazu stünden sich die beiden größten NATO-Armeen USA und Türkei gegenüber. Das Problem liege auch in der Freund-Feind-Identifizierung. Bei derartigen Stellvertreter-Kriegen fehle der Überblick und die Einflussmöglichkeiten des Zurückrufens seien eingeschränkt.
Neuerlich wandte sich Kneissl gegen sogenannte Rote Linien, bei deren Überschreiten Sanktionen angedroht würden. Viele Geheimdienste hätten erklärt, was dann passiere, wenn Syrien zwei Tage bombardiert werde und wer sich das leisten könne. Dies sei nicht vorstellbar. Jedenfalls "traue ich mir im Moment eine Prognose nicht zu". Im Herbst sei sie "wirklich zuversichtlicher" gewesen. Wenn man versuche, etwas optimistisch zu sein, könnte man sagen, dass angesichts der Brutalität in der jüngsten Phase der Krieg auslaufe. Es sei auch ein "ganz wesentlicher Hebel, wie sich das Verhältnis USA-Türkei entwickelt".
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