Während es bei der Neubesetzung der VfGH-Präsidentin eine Einigung der Regierung gibt, sind zwei weitere freie Richterposten am Verfassungsgerichtshof (VfGH) noch offen. Diese werden vom Parlament bestimmt. Die Hearings finden diese und nächste Woche statt. Der Verfassungssprecher der Liste Pilz, Alfred Noll, kündigte bei einer Pressekonferenz am Mittwoch an, die Hearings zu boykottieren.
Dazu habe man sich "nach langer und reiflicher Überlegung entschlossen". Denn dass - wie medial kolportiert - die Nachbesetzung längst von den Regierungsparteien "akkordiert worden ist", schaffe "ganz schlechte Voraussetzungen" und sei "eine Herabwürdigung aller Bewerber", die zwei Hearings "reine Showveranstaltungen" und "reine Farce", sagte Noll.
Am Mittwoch gab die Regierung ihre Einigung bei der Nachfolge von VfGH-Präsident Gerhart Holzinger bekannt. Den Posten wird wie erwartet Vizepräsidentin Brigitte Bierlein übernehmen. Außerdem zieht Ex-Justizminister Helmut Brandstetter (ÖVP) auf einem Regierungs-Ticket in den Gerichtshof ein. Zwei weitere durch Pensionierungen zu Jahresende 2017 frei gewordene Posten werden auf Vorschlag von Nationalrat und Bundesrat besetzt - und die Parlamentskammern führen (nicht-öffentliche) Hearings durch, jeweils am 23. und am 27. Februar.
"40 Bewerber werden im Viertelstundentakt durchgeschleust", sagte Noll. "Niemand kann in dieser Zeit die Qualifikation der Bewerber in Augenschein nehmen oder gar beurteilen", konstatierte der Nationalratsabgeordnete und Rechtsanwalt. Die Zeit reiche hierbei zu nicht viel mehr als zur Frage, "welcher Aszendent zur Geburtsstunde des Kandidaten den Himmel beherrscht hat".
"Man muss sich nicht verarschen lassen. Und diese Veranstaltung ist eine Verarschung, eine Herabwürdigung der einzelnen Kandidaten und des Verfassungsgerichtshofs als zentraler rechtsstaatlicher Institution der Republik Österreich", sagte Noll. Damit würde die Öffentlichkeit "hinters Licht geführt".
Die Liste Pilz habe im Nationalrat vielmehr beantragt, dass eine "öffentlich zugängliche Enquete abgehalten wird und ausreichend Zeit für alle Parlamentarier zur Verfügung steht, die Kandidaten zu befragen". Außerdem kündigte Noll einen Initiativantrag ein, das Bundesgleichbehandlungsgesetz zu präzisieren, "sodass eine Diskriminierung von Bewerbern aufgrund einer parteilichen Zugehörigkeit verboten ist". Wenn diese Ergänzung durchgesetzt ist, "wollen wir einen neuen Straftatbestand im Strafgesetzbuch" - "unter dem Titel "parteipolitisch motivierte Diskriminierung". Das habe den Zweck, parteipolitisch motivierte Postenbesetzung "in den Griff zu bekommen".
Ob Noll dann an der Abstimmung über die vorgeschlagenen Kandidaten teilnehmen wird, ließ er offen. Den nun kolportierten Kandidaten der FPÖ - der Wiener Rechtsanwalt Michael Rami und der Linzer Univ.Prof. Andreas Hauer - will er aber nicht zustimmen, sagte Noll. Gegen die fachliche Qualifikation von Hauer "sei nichts vorzubringen", allerdings gebe es andere Gründe: "Er ist mir weltanschaulich nicht sehr nahe" und habe sich "in der Öffentlichkeit in einer Art und Weise geäußert", die "meinen Anschauungen diametral entgegen laufen", betonte der Jurist. Zu Rami äußerte sich Noll nicht, "ich sitze im Ausschuss der Wiener Rechtsanwaltskammer, den Teufel werde ich tun Kollegen in der Öffentlichkeit zu kommentieren".