Die EU-Länder, in denen Viktor Orbán gern empfangen wird, kann man derzeit wohl an einer Hand abzählen. Um so wichtiger ist für den umstrittenen ungarischen Premier der Besuch in Wien: Am kommenden Dienstag kommt Orbán in die Bundeshauptstadt – Bundeskanzler Sebastian Kurz wird ihn im Kanzleramt empfangen. Der Besuch ist brisant: Gut, in der Flüchtlingsfrage ist Orbán mit der neuen Wiener Regierung auf einer Linie – auch Kurz lehnt ja die Flüchtlingsverteilung per Quote über die ganze EU ab. Trotzdem gibt es Konfliktpunkte:
■ AKW Paks. Orbáns Regierung will das südungarische AKW mit Hilfe Russlands ausbauen – und auch noch EU-Förderungen dafür haben. Die Kurz-Regierung hat bereits eine Klage dagegen eingebracht, Orbán ist entsprechend sauer.
■ Familienbeihilfe. Hier ist es Ungarn, das Österreich klagen will: Die türkis-blaue Regierung plant eine Kürzung der Familienbeihilfe für 39.000 ungarische Kinder, derzeit gehen 80 Millionen Euro nach Ungarn. Kurz will da hart bleiben, muss aber damit rechnen, dass sich der Europäische Gerichtshof mit der Causa beschäftigen wird.
Doch der freundliche Ton wird überwiegen, zu groß ist das Interesse des Ungarn, auf dem EU-Parkett empfangen zu werden. Schließlich braucht Orbán Wien als Verbündeten gegen jene EU-Länder, die eine Asyllösung durchdrücken wollen.
Orbán absolviert in Wien ein dichtes Programm: Neben Kurz wird er auch Vizekanzler HC Strache treffen, der ja den Ungarn bei jeder Gelegenheit als Vorbild lobt.
Ebenfalls in Orbáns Terminkalender stehen Gespräche mit Kardinal Christoph Schönborn und mit seinem alten Freund Wolfgang Schüssel: Der ist ja ein Bewunderer Orbáns, zuletzt war der Ungar beim 70. Geburtstag des Ex-Kanzlers in Wien gewesen.G. Schröder