
Die erste Zwischenbilanz des Wahlkampfs überrascht:
Sebastian Kurz führt den Wahlkampf wie sein Außenministerium: souverän, fehlerlos, unaufgeregt. Er hatte als Erster eine Strategie (seine Ansage für einen Neubeginn ohne Altparteien) – und er zieht diese Strategie (bisher) fehlerlos durch. Kurz riskiert so gut wie nichts – sein größtes Risiko war die Demontage seiner eigenen Partei. Die ist ihm perfekt gelungen – die Funktionäre jubeln ihrer Entmachtung regelrecht zu.
Ab jetzt fährt Kurz einen „Low-Risk-Wahlkampf“. Spannend wird es, wenn er in zwei Wochen sein Programm vorstellt. Aber das wird wohl alles vermeiden, was seine 34 % fast sicheren Wähler vertreiben könnte.
Christian Kern dagegen muss auf Angriff schalten. Hätte er im letzten Herbst gewählt, hätte er mit seinem „Plan A“ einen ähnlichen Low-Risk-Wahlkampf wie Kurz führen können. Jetzt hat er den Wahlkampf-Start verschlafen, ist gefährlich weit hinten – muss also riskieren.
Das macht den Kern-Wahlkampf spannend. Sein Slogan „Holen Sie sich, was Ihnen zusteht“ polarisiert – und keiner weiß, ob dieser brutale Robin-Hood-Wahlkampf bei einem regierenden Kanzler funktionieren wird. Aber für Kern ist es die einzige Strategie, die (weniger verdienende) Mehrheit gegen Kurz mobilisieren zu können.
Ein spannendes Experiment: Wer wird gewinnen? Der 30-
jährige Herausforderer, der den „Neustart“ verspricht – und der die Republik neu gestalten will? Oder der 51-jährige Kanzler, der wie ein Polit-Robin-Hood für gerechtere Löhne und sichere Pensionen stehen will?
Es wird eine Grundsatz-Entscheidung: Will dieses Land den Neustart – oder mit aller Gewalt bewahren, was es hat?
