Bereits zum zweiten Mal hintereinander sind die Koalitionsverhandlungen geplatzt. Nach dem Scheitern zwischen FPÖ und ÖVP gibt es nun mehrere Möglichkeiten zu einer neuen Regierung.
So könnte der Bundespräsident eine Expertenregierung einsetzen oder der Nationalrat die Bürgerinnen und Bürger erneut zu den Urnen schreiten lassen. Auch wäre möglich, dass ÖVP und SPÖ es erneut miteinander versuchen - zu zweit oder mit einer der Kleinparteien. Dagegen spricht, dass auch die Verhandlungen für eine schwarz-rot-pinke Dreierkoalition geplatzt sind.
Neuerliche Expertenregierung als Übergangslösung
Schon nach dem Platzen von Türkis-Blau infolge der Ibiza-Affäre hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine Expertenregierung eingesetzt - damals unter der Führung der mittlerweile verstorbenen Verfassungsrichterin Brigitte Bierlein. Wie jede andere Regierung bräuchte eine Expertenregierung allerdings den Rückhalt im Nationalrat, um nicht per Misstrauensvotum wieder aus dem Amt zu fliegen. Politische Reformen lassen sich ohne stabile Mehrheit nur schwer umsetzen, eine Expertenregierung wäre deshalb auch nur als Übergangslösung vorstellbar. Auch Bierleins Kabinett, das etwa ein halbes Jahr lang regierte, blieb eher als Verwalter denn als Gestalter in Erinnerung. Erschwert wird die Situation dadurch, dass das Bundesbudget saniert werden muss.
Neuwahlen wohl erst ab Juni möglich
Für eine vorgezogene Neuwahl muss der Nationalrat seine Auflösung mit einfacher Mehrheit beschließen. Theoretisch kann er auch durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung aufgelöst werden, was in der Zweiten Republik jedoch noch nie vorgekommen ist. Der Nationalrat kommt am 26. Februar zu seiner nächsten geplanten Sitzung zusammen, freilich könnte aber bereits davor eine Sondersitzung einberufen werden. Aufgrund parlamentarischer Prozesse und diverser Fristen dauert es vom Neuwahlbeschluss bis zur Wahl rund drei Monate, ein Wahltag vor Juni ist deshalb nur schwer möglich.
FPÖ-Chef Herbert Kickl hatte betont, kein Problem mit Neuwahlen zu haben - seine Partei liegt im APA-Wahltrend, der die Umfragen der jeweils letzten fünf Wochen berücksichtigt, bei rund 35 Prozent. ÖVP und SPÖ sind im Gegensatz zu den übrigen Parteien schon verschuldet ins Wahljahr 2024 gegangen, eine Neuwahl würde den Parteien nochmals teuer zu stehen kommen.
Erneute Koalitionsverhandlungen von ÖVP und SPÖ
Freilich könnte die ÖVP es erneut mit der SPÖ versuchen. Eine solche Mehrheit wäre allerdings nur knapp - mit einem Mandat Überhang - im Nationalrat abgesichert. Möglich wäre auch, dass die beiden früheren Großparteien noch eine der kleineren - Grüne oder NEOS - mit ins Boot holen. Ob sich die Parteien erneut gemeinsam an einen Tisch setzen würden, nachdem auch die Dreierkoalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS zu keinem Ergebnis führten, bleibt allerdings fraglich.
Zuletzt hatte vor allem Grünen-Chef Werner Kogler an den politischen Mitbewerb abseits der FPÖ appelliert, wieder miteinander zu verhandeln. Auch SPÖ-Chef Andreas Babler plädierte für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ. Die NEOS boten ebenfalls neuerliche Gespräche an.
Möglichkeit der Minderheitsregierung
Auch bestünde die Möglichkeit einer Minderheitsregierung, sprich einer Konstellation, bei der die regierenden Parteien weniger als die Hälfte der Nationalratsmandate besitzen. Diese ist aber äußerst unsicher, da zumindest Teile der Opposition Gesetzesbeschlüsse unterstützen müssten, bzw. die Regierung jederzeit von der Opposition abgesetzt werden könnte. Minderheitsregierungen haben in Österreich keine Tradition, auch Van der Bellen betont stets, wie wichtig eine "verlässliche Mehrheit" für eine Regierung sei. NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger hatte eine schwarz-pinke Variante zuletzt ins Spiel gebracht.