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Urteil nach Geiselnahme im AMS Gmunden

6-02-2025, 14:22

Am Donnerstag musste sich ein 37-Jähriger wegen einer Geiselnahme im AMS Gmunden vor einem Geschworenensenat im Landesgericht Wels verantworten.

Der 37-Jährige wurde zur Mindeststrafe von zehn Jahren Haft verurteilt und wird zudem in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig. Das Motiv des Angeklagten: Der bisher unbescholtene, arbeitslose und verschuldete 37-Jährige habe eine "Wohnung für immer" im Gefängnis gesucht.

Angeklagter bei Prozess nach Geiselnahme im AMS Gmunden: Habe "Wohnung für immer" gesucht

Als der Mann am 19. September 2024 in das AMS-Gebäude kam, habe er in seinem Rucksack drei große Küchenmesser und vier Handschellen gehabt, hieß es in der Anklage. Bei einem Infostand soll er einen Mitarbeiter bedroht und als Geisel genommen haben. Auch eine weitere AMS-Mitarbeiterin soll er bedroht haben. Anschließend forderte er alle anderen Personen auf der Etage auf, das Gebäude zu verlassen, rief selbst die Polizei, verlangte nach der Verhandlungsgruppe und wurde wenig später festgenommen.

Die Staatsanwältin beschrieb zunächst die wenig erfolgreiche Berufslaufbahn des Angeklagten. Im Juni war sein Arbeitslosengeld ruhend gestellt worden, weil er durch sein Verhalten immer wieder selbst dazu beigetragen hatte, dass aus Jobangeboten nichts wurde. Die Mietrückstände und Schulden seien immer mehr geworden, die Delogierung drohte und der Mann habe zu recherchieren begonnen, wie er zu einer "Wohnung für immer" komme, zitierte die Anklagevertreterin die Formulierung, die der Mann selbst gegenüber dem Polizeinotruf verwendet hatte. Er habe nachgeforscht, "welche Straftat muss ich begehen, damit ich möglichst lange ins Gefängnis komme und niemanden verletzen muss". Dabei sei er auf eine Geiselnahme, für die zehn bis 20 Jahre Haft drohen, gekommen.

Ihr Mandant bedaure die Tat, so die Verteidigerin, "er hatte Angst, seine Existenz zu verlieren." Der 37-Jährige selbst sagte, er wäre damals bereit gewesen, sich von der Polizei erschießen zu lassen. In seiner Einvernahme gab er sich reuig: "Das ist schon heftig, was ich da an den Tag gebracht habe." Im Gerichtssaal entschuldigte er sich bei dem AMS-Mitarbeiter, den er als Geisel genommen hatte und beteuerte: "Ich hätte Ihnen nichts getan." Der AMS-Mitarbeiter beschrieb seine Todesangst: "Ich habe nicht gewusst, ob ich lebend rauskomme." Dennoch - er "kommt klar" mit dem Geschehen und wolle mit der Sache einfach nur abschließen, meinte er. Auch Kollegen von ihm beschrieben die Situation als dramatisch und angsteinflößend.

Schulklasse während Geiselnahme im AMS Gmunden

Ein Vorgesetzter beschrieb, dass zum Zeitpunkt der Geiselnahme eine Klasse Mittelschüler im Haus gewesen sei. Eine Kollegin habe aber geistesgegenwärtig reagiert und die Jugendlichen mit einem Spiel in einem abgeschlossenen Raum still beschäftigt, sodass sie möglichst sicher waren und gar nichts von dem Vorfall mitbekamen.

Ein Gutachten bescheinigt dem Angeklagten Zurechnungsfähigkeit, aber auch Gefährlichkeit aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotionaler Instabilität und histrionischen sowie narzisstischen Anteilen. Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden, falle ihm ebenso schwer wie Selbstkritik, eine "Überhöhung des eigenen Selbstbildes" gehe einher mit rascher Kränkbarkeit und Empathielosigkeit, so der Sachverständige Peter Hofmann.

Die Staatsanwaltschaft beantragte auf Basis des Gutachtens eine Strafe und eine Einweisung. Der Schuldspruch erfolgte im Sinne der Anklage wegen erpresserischer Entführung und wegen - teils versuchter - Nötigung. Die Strafe von zehn Jahren ist die Mindeststrafe. Das Gericht wertete unter anderem die Unbescholtenheit, das Geständnis und die herabgesetzte Steuerungsfähigkeit aufgrund einer Persönlichkeitsstörung als mildernd.

(APA/Red)

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