Im Vorjahr sind mehr Menschen in Gewaltschutzzentren betreut worden. Das Plus lag bei 1,25 Prozent.
25.114 Betroffene wurden nach polizeilichen Interventionen kontaktiert oder suchten selbst Hilfe in den Einrichtungen. Gleichzeitig gab es um 2,85 Prozent weniger Wegweisungen, nämlich 14.600 Betretungs- und Annäherungsverbote im Vorjahr. Die Gründe dafür sind nicht ganz klar, hieß es bei einer Pressekonferenz des Bundesverbands der Gewaltschutzzentren am Freitag in Wien.
Das müsste über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, sagte Marina Sorgo, Vorsitzende des Bundesverbands und Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Steiermark. Die Gewaltschutzzentren erhalten von der Polizei die Informationen zu den Betretungs- und Annäherungsverboten und müssen aktiv auf die Betroffenen zugehen. Andererseits wenden sich auch Menschen an die Einrichtungen, die vorher nicht bei der Polizei waren, betonte Sorgo. Vielleicht seien die Menschen bereit, sich früher Hilfe zu holen. Das Bewusstsein sei höher, heutzutage werde auch psychische Gewalt ernst genommen.
Es dürfe jedenfalls nicht der Eindruck entstehen, die Polizei helfe nicht, hob Sorgo die Rolle der Einsatzkräfte hervor. "Die Polizei ist für uns ein ganz wichtiger Kooperationspartner", sagte Nicole Krejci, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Wien. "Das ist auch das, was wir unseren Klientinnen mitgeben", betonte sie. "In der Akutsituation ist der erste Ansprechpartner die Polizei." Nur diese sei ermächtigt, Betretungs- und Annäherungsverbote auszusprechen. Die Gewaltschutzzentren sind auch in der Grundausbildung der Polizei tätig, wo Gewalt in der Privatsphäre ein Schulungsthema ist.
Viele Frauen in Gewaltschutzzentren
Von den im Vorjahr betreuten Personen waren rund 80 Prozent weiblich und 20 Prozent männlich. "Unser Angebot gilt für alle Frauen, Männer sowie Kinder und Jugendliche und ist natürlich kostenlos und vertraulich", versicherte Sorgo. Die Gewaltschutzzentren seien nicht nur Beratungsstellen. "Was wir den Betroffenen anbieten, ist juristische und psychosoziale Begleitung", sagte sie, etwa durch Sicherheitspläne und Entscheidungshilfe sowie Begleitung bei Gericht. Dabei werde unter anderem eng mit der Kinder- und Jugendhilfe und Täterberatungsstellen zusammengearbeitet.
Die Prävention beginne nicht erst in Gewaltschutzzentren, sagte Sorgo. "Die Prävention beginnt bereits bei der strukturellen, kulturellen Gleichstellung zur Auflösung von tradierten Rollenbildern", nannte sie einen Aspekt. Zudem brauche es ausreichende Gesundheitsversorgung zur Verhinderung psychischer Krankheiten sowie Fort- und Weiterbildung von bestimmten Berufsgruppen. "Gleichzeitig wissen wir, dass in neun von zehn Fällen von ermordeten Frauen, sich diese keine Hilfe holen konnten. Auch dahin müssen wir unseren Fokus legen." Nach sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen würden keine schweren Gewalttaten mehr aufgezeigt.
"Versuchen auch Lösungsvorschläge zu machen"
"Wir versuchen auch Lösungsvorschläge zu machen", berichtete Karin Gölly, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Burgenland. Für Waffen der Kategorie C im Waffengesetz - Büchsen und Flinten - müsste wie für andere Waffengattungen "zwingend eine Verlässlichkeitsprüfung stattfinden", hob sie beispielsweise aus einem dicken Forderungskatalog hervor. Der Zugang sei sonst zu einfach. Für die im Verbrechensopfergesetz geregelte Pauschalentschädigung für Schmerzengeld sollten zudem die seit 2013 geltenden Beiträge erhöht werden und Fristen wegfallen, empfehlen die Gewaltschutzzentren.
In Österreich finden Personen, die Gewalt erleben, u.a. Hilfe und Informationen bei den Österreichischen Gewaltschutzzentren: 0800/700-217, ; bei der Frauen-Helpline unter: 0800-222-555, ; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter sowie beim Frauenhaus-Notruf unter 057722; Polizei-Notruf: 133