Am heutigen Dienstag beginnen im Burgenland die Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und Grünen.
Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Grünen-Landessprecherin Anja Haider-Wallner treffen sich um 14 Uhr mit ihren Verhandlungsteams im Kultur- und Kongresszentrum in Eisenstadt. Zuvor beschäftigen sich am Vormittag ÖVP und FPÖ damit, dass die Gespräche über die künftige Landesregierung nach der ohne sie über die Bühne gehen werden.
SPÖ und Grüne wollen nach Burgenland-Wahl "Gegenmodell" zum Bund sein
Doskozil sprach beim Eintreffen vor Journalisten von einem "richtigen Schritt", der nun gesetzt werde. Es gebe keine Fixpunkte, klar sei, dass es von beiden Seiten ein Entgegenkommen brauche: "Aber es wird gelingen", so der Landeshauptmann. Kritik von FPÖ und ÖVP, die bei der Regierungsbildung nicht zum Zug kamen, kann er von diesem Standpunkt grundsätzlich nachvollziehen, betonte aber: "Die Regierung wird am Ergebnis beurteilt werden." Dabei soll das Burgenland das "Gegenmodell" zur erwarteten blau-türkisen Bundesregierung sein. Man werde beweisen, dass dies funktioniert und wenn nötig, deren Entscheidungen bekämpfen, betonte Doskozil.
Auch Haider-Wallner erklärte, sie gehe mit einem "positiven Gefühl" in die Verhandlungen. Schon in den vergangenen Tagen habe sich eine "wertschätzende und respektvolle" Kommunikation gezeigt. Sie ist überzeugt, dass die beiden Partner am Ende der Gespräche "etwas für das Burgenland zusammenbringen". Angesprochen auf Kritik von Blau und Türkis, Doskozil würde weiterhin alleine regieren, entgegnete die Grünen-Landessprecherin: "Das ist keine Alleinregierung mehr, das hat der Wähler entschieden." Während auf Bundesebene Entscheidungen "in die fossile Vergangenheit" getroffen würden, mache das Burgenland zukunftsgerichtete Politik, meinte auch Haider-Wallner. Die Ressortverteilung - und ob sie etwa die Umweltagenden übernehme - sei nun Gegenstand der Verhandlungen. Die beiden Parteispitzen kamen mit Vertretern ihres Verhandlungsteams. Von den Roten etwa waren Landesrat Leonhard Schneemann und Landtagspräsident Robert Hergovich dabei, von den Grünen Klubdirektor Gerhard Mölk.
Nach Burgenland-Wahl: ÖVP kündigt Neuaufstellung an
Die ÖVP will sich nach der verpassten Regierungsbeteiligung neu aufstellen, kündigte Landesparteichef Christian Sagartz in einer schriftlichen Stellungnahme an. Der geplante Medientermin wurde abgesagt. Eine Reformgruppe soll die strukturelle, inhaltliche, personelle, organisatorische und finanzielle Neuausrichtung der Partei vorbereiten, so Sagartz nach dem Landesparteivorstand. Die Ergebnisse sollen bis 16. Juni vorliegen. Kritik äußerte der Landesparteichef an Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) und seiner Entscheidung für Koalitionsverhandlungen mit den Grünen: "Statt eine stabile und breite Grundlage für unser Land zu schaffen, wählt Hans Peter Doskozil den Weg des geringsten Widerstands", meinte er. Die ÖVP werde ihre Rolle in der Opposition "mit Nachdruck wahrnehmen".
ÖVP nach Burgenland-Wahl nur noch mit einer Frau im Landtag
Entschieden wurde am Dienstag, wer über die beiden Landeslisten-Mandate, die der ÖVP zustehen, in den Landtag einziehen wird. Der Ollersdorfer Bürgermeister Bernd Strobl und der Edelstaler Ortschef Gerald Handig komplettieren das Team, das ansonsten aus Sagartz, Landesgeschäftsführer Patrik Fazekas, Klubobmann Markus Ulram, Eisenstadts Stadtchef Thomas Steiner sowie Hans Unger und Carina Laschober-Luif besteht. Sagartz und Strobl sind die einzigen zwei Neuen im Klub. Nicht mehr im Landtag sind - auch nach dem Verlust von drei Mandaten - Julia Schneider-Wagentristl, Johannes Mezgolits, Melanie Eckhardt, Christoph Wolf und Walter Temmel. Bei acht Mandaten sitzt für die ÖVP in Zukunft damit nur noch eine Frau im Landesparlament. Schon vor der Sitzung hatte sich Wirtschaftsbund-Landesobmann Peter Nemeth kritisch gegenüber Sagartz geäußert. Die Frage, ob dieser fest im Sattel sitze, wollte er "aus meiner Sicht vielleicht nicht so beantworten". Letztlich müsse der Landesparteichef die Frage selbst beantworten, hielt Nemeth fest, aber: "Er hat sich Ziele gesetzt und die Ziele wurden nicht erreicht."
Hofer wird nach Burgenland-Wahl FPÖ-Klubobmann
Die FPÖ hat bei einer Pressekonferenz ihre neuen Landtagsabgeordneten vorgestellt und noch einmal auf die Ankündigung der SPÖ, die Regierungsverhandlungen mit den Grünen zu starten, reagiert. "Doskozil hat immer rechts geblinkt, ist jetzt aber scharf links abgebogen", stellte Johann Tschürtz, bisheriger Klubobmann und künftiger Zweiter Landtagspräsident fest. Die Funktion des Klubchefs übernimmt Norbert Hofer, der sogleich zahlreiche parlamentarische Aktivitäten ankündigte. Dringliche Anfragen oder Anträge etwa, um die roten Wahlversprechen zu kontrollieren oder auch Untersuchungsausschüsse wären denkbar. Hofer erklärte, dass er bereits vergangene Woche und bis zuletzt von einer SPÖ-ÖVP-Koalition ausgegangen sei und ihn die Ansage dann überrascht habe. Inzwischen habe er auch zahlreiche Zuschriften von enttäuschten SPÖ-Funktionären bekommen: "Eine linkslinke Regierung zu bilden, das hat viele verunsichert und gestört. Ich bin schon gespannt auf die Gemeinderatswahlen (2027, Anm.), wie die Wähler reagieren. Wir werden sofort in die Vorbereitungsarbeit reingehen."
Nach SPÖ-Absage: Hofer sieht sich als "Brückenbauer"
Den Vorwurf von Doskozil, die FPÖ habe im Wahlkampf mit "Unwahrheiten oder Halbwahrheiten" agiert, wies er zurück. Hofer forderte daher die SPÖ auf, etwaige Vorwürfe aufzulisten, dann werde man sie einem Faktencheck unterziehen und Aussagen nötigenfalls korrigieren. Der Wahlkampf sei "absolut sachlich" verlaufen, betonte der neue Klubobmann. Auch, dass die Freiheitlichen die Gesellschaft spalten würden, ließ er nicht gelten, das Gegenteil sei der Fall: "Ich bin bekannt als Brückenbauer." Auch Landesparteiobmann Alexander Petschnig kritisierte, dass es Doskozil bei der angekündigten neuen Zusammenarbeit lediglich darum gehe, "verhaltensauffällige Politik" gegenüber der Bundesregierung zu machen. Landesparteiobmann bleibt Petschnig weiterhin, auch wenn er inzwischen im Nationalrat und Hofer nun im Landtag sitzt.
FPÖ nach Burgenland-Wahl mit neun Abgeordneten
Im blauen Klub mit neun Mandataren sind nun neben Hofer und Tschürtz Mario Jaksch, Michelle Whitfield, Michaela Brandlhofer, Christian Ries, Markus Wiesler, Sandro Waldmann und der bisherige Klubdirektor Thomas Grandits vertreten. In den Bundesrat entsenden die Burgenländer - erstmals ist dies möglich - Bauernobmann Thomas Karacsony. Hofers Mandat im Nationalrat übernimmt Michael Gmeindl. Neuer Klubdirektor im Burgenland wird Konrad Belakowitsch. Der Burschenschafter (Silesia Wien) war bereits Hofers Pressesprecher im Parlament. Eine Einschätzung über das Zustandekommen von Blau-Türkis auf Bundesebene wollte Landesparteiobmann Alexander Petschnig nicht abgeben. Den Vorschlag einer Bankenabgabe finde er jedenfalls gut, damit jene einen Beitrag leisten, die Milliardengewinne schrieben.
Nach Burgenland-Wahl: Änderungen bei den Klubräumlichkeiten
Eine Neuaufteilung der Klubräumlichkeiten dürfte es im Landhaus geben, denn die FPÖ wurde bei der Landtagswahl zweitstärkste Kraft. Aktuell logieren die Blauen im Erdgeschoß, könnten aber künftig die weit größeren Büros der ÖVP im ersten Stock, parallel zur SPÖ, übernehmen. Hofer sagte dazu auf APA-Anfrage: "Wir sind der Meinung, dass es sinnvoll wäre und sind dazu in einem guten Gespräch mit dem Landtagspräsidenten (Robert Hergovich, Anm.)."