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Umgefallen

Gestern, 08:50

Gastkommentar von Johannes Huber. Kickl hat schon recht: Finanziell hat die ÖVP das Land gegen die Wand gefahren. Durch das Belastungspaket, das er jetzt geschnürt hat mit ihr, macht aber auch er sich unglaubwürdig.

Vor der Nationalratswahl wollte der damalige ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer noch nichts von budgetären Schwierigkeiten, geschweige denn einem Sparpaket wissen. Auch der damalige Finanzminister, ÖVP-Mann Magnus Brunner, redete die Verhältnisse schön. Dabei haben alle Experten, angefangen beim Vorsitzenden des Fiskalrats, Christoph Badelt, darauf hingewiesen, wie die Lage wirklich ist.

Der ÖVP will sie erst seit der Weihnachtszeit bekannt sein. Es ist nicht zu glauben. Schlimmer: Die Partei tut so, als sei das ein Grund dafür, dass die Verhandlungen mit SPÖ und Neos, die schließlich scheiterten, so lange gedauert haben; und dass es jetzt mit der FPÖ so schnell gehe: Die Fakten würden nun auf dem Tisch liegen.

Hier hält eine Partei, die vorgibt, staatstragend zu sein, ein Volk zum Narren. Und zwar umfassend: Schwarz-Rot ist ihren Darstellungen zufolge unmöglich gewesen, weil Sozialdemokraten weniger auf Einsparungen und mehr auf Steuererhöhungen gedrängt hätten. Das mag sein. Heute aber zögerte sie nicht, mit der FPÖ ein Belastungspaket zu schnüren.

Das ist die Stelle, an der die Rede auf den künftigen Kanzler, FPÖ-Chef Herbert Kickl kommen muss. In einer Hinsicht hat er recht: Die ÖVP hat hinlänglich bewiesen, dass sie mit Geld nicht umgehen kann. Dafür hat sie Verantwortung zu übernehmen. Darüber, dass Kickl jetzt mit ihr zu Steuererhöhungen schreitet, kann man sich jedoch nur wundern. Als Nehammer im Dezember die Bereitschaft zu Steuererhöhungen signalisierte, schäumte er: Damit habe er „endgültig jedwede Glaubwürdigkeit verloren“, erklärte er. Und in seinem Wahlprogramm heißt es. „Neue Steuerbelastungen lehnen wir entschieden ab.“

Die FPÖ begibt sich damit auf dasselbe Niveau wie die ÖVP: Experten wie Badelt meinen schon lange, dass man sparen und Steuern erhöhen müsse; dass sich die Sanierung auf die Schnelle nur so ausgehen könne. Aber sie haben bis zuletzt den Eindruck erweckt, als würde es ohne Steuererhöhungen gehen.

De facto kommt es nun sehr wohl zu solchen: Die Abschaffung des Klimabonus kostet zum Beispiel eine Familie mit zwei Kindern bis zu 870 Euro im Jahr. Der Klimabonus diente ausdrücklich dazu, die CO2-Besteuerung auszugleichen. Damit wird es bald vorbei sein. Die Familie wird also entsprechend weniger Geld haben in Zukunft. Ja, es wird ihr noch weniger bleiben, wenn sie neue Papiere (Reisepass, Führerschein etc.) braucht und daher von der angekündigten Gebührenerhöhung betroffen sein wird.

Selbstverständlich: Es ist politisch legitim, zu solchen Maßnahmen zu schreiten. Man kann sogar feststellen, dass sie gerechtfertigt und notwendig sind. Das ist hier aber nicht der Punkt: Versprochen wurden wider besseres Wissen ausschließlich Entlastungen, gerade auch für eine Masse, die in der Früh aufsteht, um zu leisten, wie so gerne betont wird. Diesbezüglich ist die FPÖ jetzt mit der ÖVP umgefallen.

Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik

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