Gastkommentar von Johannes Huber. Der FPÖ-Chef geht bei der Regierungsbildung aufs Ganze. Kompromisslos. Damit ist alles gesagt.
FPÖ-Chef Hebert Kickl will nicht Kanzler werden. Das hat er diese Woche klargestellt, nachdem er den Regierungsbildungsauftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen annahm und als er Christian Stocker von der Volkspartei zu Gesprächen einlud. Der 56-Jährige ließ dabei wissen, dass alles nach seinen Vorstellungen zu laufen habe; dass Stocker eingestehen müsse, Verlierer zu sein; und dass es sonst Neuwahlen gebe.
Hier hat ein Anti-Demokrat gesprochen, der Vorbehalte, die gegen ihn existieren, gezielt verstärkt. Dass Kickl ein Rechter ist, ist nebensächlich. In einer Demokratie darf es nicht nur Linke geben, muss Vielfalt bestehen. Sollte es möglich sein, dass es einmal eine, sagen wir, rot-grüne und ein anderes Mal eine blau-schwarze Regierung gibt.
Was aber nicht sein kann, ist, dass da einer daherkommt und vorgibt, ein Volkskanzler in dem Sinne sein zu wollen, dass er die Interessen aller vertritt. Von dem daher alle, die anderer Meinung sind, als Volksverräter abgetan werden. Das hat nichts mehr mit Demokratie zu tun.
Es lässt tief blicken, dass Herbert Kickl das nicht einmal jetzt einsehen will, da er den Regierungsbildungsauftrag hat. Normal wäre, er würde die Wahlkampftöne einstellen und zeigen, dass er so kompromissbereit ist, dass es zu einer Koalition kommen kann; dass er im Übrigen sagt, dass er verstehe, dass bei weitem nicht alle Menschen in Österreich einverstanden sind mit ihm, er das aber genauso respektiere wie Kritik.
Aber nein, Kickl sagt sinngemäß: „Es geschieht jetzt, was ich will, oder es gibt Neuwahlen.“ Damit sagt er auch, dass er nicht Kanzler werden möchte. Was im Grunde genommen nachvollziehbar ist: Er hat extrem große Erwartungen geschürt bei seinen Anhängern. Und diesen kann er, weil Österreich keine Diktatur ist, in der er allein bestimmen könnte, nie und nimmer gerecht werden.
Worauf aber will er hinaus? Seine Rolle ist die des Oppositionspolitikers, der über Regierende herzieht und sie niedermacht; der das „System“ mit Verachtung bestraft. Das kommt bei einem erheblichen Teil der Leute an. Zumal bei vielen in den vergangenen Jahren große Enttäuschungen mit Sebastian Kurz, den Skandalen und zahlreichen Krisen einhergegangen sind: Politiker halten demnach nicht, was sie versprechen, sondern sorgen sich ausschließlich um sich selbst und pfeifen aufs Volk.
Eine relative Mehrheit ist Kickl damit sicher. Aber er ist ein Gefangener seiner selbst: Er kann nur so weitermachen wie bisher. Als Kanzler in einer Regierung mit einem Partner, der (prozentuell) kaum schwächer ist, kann er nur enttäuschen, sofern dieser Partner, die ÖVP, Wert darauf legt, eigene Vorstellungen ebenfalls durchzusetzen. Also zum Beispiel ein Bekenntnis zu einer starken EU.
These: Kickl legt es auf Neuwahlen an. Ebensolche hat er ja auch gleich einmal in den Raum gestellt. Im Wissen, dass die FPÖ derzeit nur zulegen kann. Bloß: Dieses Spielchen ist so durchschaubar, dass es auch scheitern kann. Die Botschaft lautet schließlich: Kickl ist wie alle Politiker, ihm geht es nicht ums Land, sondern nur um den eigenen Erfolg.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik