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Experten: FPÖ wird bei Burgenland-Wahl "ganz, ganz stark werden"

31-12-2024, 10:13

In weniger als einem Monat wählt das Burgenland einen neuen Landtag, wobei Meinungsforscher eine starke Performance der FPÖ voraussagen und die SPÖ hofft, die Hälfte der Mandate zu halten.

In knapp drei Wochen schreiten die Wähler im Burgenland zu den Urnen, um einen neuen Landtag zu wählen. Der hat zwar längst begonnen, lief über die Feiertage aber moderat. Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer (OGM) erwartet bis zum Wahltag hindurch mehr einen "freundlichen Wahlgang" denn eine "erbitterte Wahlschlacht". Für die SPÖ sehen Polit-Berater Thomas Hofer und Meinungsforscher Peter Hajek das Halten von mindestens der Hälfte der Mandate als entscheidend an.

Die intensive Phase des Wahlkampfes habe noch nicht begonnen, sagte OGM-Chef Bachmayer im Gespräch mit der APA. Diese werde wohl erst im neuen Jahr starten. Dennoch seien die Positionen der Parteien mehr oder weniger "klar" und werden wohl "wenig Überraschendes" bringen.

SPÖ-Spitzenkandidat Doskozil hat Reichweite über Burgenland hinaus

Amtsinhaber, SP-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil habe sich als "Landesvater" positioniert und auch dessen Themen wie Mindestlohn oder die Anstellung pflegender Angehöriger seien "hinlänglich" bekannt. Zudem habe Doskozil sich selbst als eine "starke Personenmarke" aufgebaut. In Relation zur Größe des Bundeslandes verfüge er über eine überregionale Wahrnehmung wie sonst kaum einer der anderen Länderchefs, argumentierte der OGM-Chef: "Das wird auch bei der Landtagswahl wirken."

Bachmayer hob ferner die vergleichsweise rigide Positionierung der burgenländischen SPÖ bei Migrations- und Asylthemen hervor. Dies hänge nicht zuletzt damit zusammen, dass es im Burgenland das "interessante Phänomen" gebe, dass die Sichtweise der dortigen Bevölkerung - und freilich auch der roten Wählerschaft - im Vergleich zu Restösterreich signifikant migrationskritischer sei. "Das hat natürlich Relevanz für den Wahlkampf." Und freilich auch für den Tag nach der Landtagswahl und die beginnenden Koalitionsverhandlungen.

FPÖ im Wahlkampf vor Landtagswahl auffallend zurückhaltend

Auffällig zurückhaltend geben sich bis dato auch die Freiheitlichen mit ihrem Spitzenkandidaten Norbert Hofer. Dieser attackiere den Amtsinhaber in bemerkenswerter Art und Weise kaum bzw. "besonders zurückhaltend", will man sich doch aus blauer Sicht alle Möglichkeiten offenhalten.

Freilich spiele da auch die Persönlichkeit des Spitzenkandidaten eine Rolle. Dieser sei, so wie Mario Kunasek in der Steiermark auch, konziliant und besonnen im Auftreten, anders als FPÖ-Chef Herbert Kickl. Die Kritik Hofers komme daher auch "nicht so scharf und weniger angriffig" daher. Daher geht der OGM-Chef im Burgenland von einem "harmonischen Wahlkampf" wie in der Steiermark aus und hält eine rot-blaue Zusammenarbeit mit allen ihren Auswirkungen auf die Bundesparteien für am wahrscheinlichsten.

Meinungsforscher Peter Hajek, der seit 2012 für die SPÖ Burgenland Umfragen erstellt, sagte zur APA, zu erwarten sei jedenfalls, "dass die Freiheitlichen ganz, ganz stark werden, sich mehr als verdoppeln werden. Sie kommen ja von zehn Prozent und werden irgendwo in der Mitte der 20 Prozent aufschlagen". Dies sei "hauptsächlich der Person von Spitzenkandidat Norbert Hofer geschuldet".

Mit Blick auf eine IFDD-Umfrage für die Wochenzeitung "BVZ" von Anfang Dezember sagte Hajek, man sehe, dass die zu erwartenden Zugewinne der FPÖ zu Lasten der ÖVP gehen dürften. ÖVP-Chef Christian Sagartz habe "natürlich eine wahnsinnig schwierige Ausgangsposition, wenn du gegen zwei Kaliber wie Doskozil und Hofer antrittst".

Chancen auf blau-schwarze Zusammenarbeit im Burgenland minimal

Die ÖVP greift laut Bachmayer Doskozil vor allem bei Wirtschaftsthemen an. Deren Spitzenkandidat Sagartz übt Kritik am Verstaatlichungskurs und der Verschuldung des Burgenlandes. Während jedoch Norbert Hofer auf "generellen Rückenwind" durch die vergangenen Urnengänge hoffen dürfe, sei bei Sagartz und der ÖVP das Gegenteil der Fall, so Bachmayer.

Dennoch könnte die ÖVP laut dem Meinungsforscher das "Zünglein an der Waage" sein, obwohl die Chancen auf eine blau-schwarze Zusammenarbeit nach der Wahl minimal scheinen. Zwar bemühe sich Doskozil ein blau-schwarzes Schreckgespenst an die Wand zu malen, die Realität schaue aber anders aus. Prognosen seien aber auch deshalb schwierig, weil es im Burgenland "kaum ernst zu nehmende Umfragen" gebe.

Wenig Umfragen zur Burgenland-Wahl

Auf die dünne Datenlage verwiesen auch Thomas Hofer und Peter Hajek. "Klar" ist für Hofer, dass die SPÖ mit Doskozil so stark ist, "dass sie klare Nummer eins bleiben wird". Die entscheidende Frage werde sein, ob die SPÖ das 18. Mandat im 36 Sitze starken Landtag halten wird können. Dann könnte niemand gegen die Sozialdemokratie regieren, ergänzte Hajek: "Wenn sie das 18. Mandat aber verlieren sollten und die Grünen aus dem Landtag herausfallen, und es nur einen Drei-Parteien-Landtag gibt, dann ist Blau-Schwarz natürlich arithmetisch möglich."

Die Relevanz des Grünen Einzugs oder Nicht-Einzugs betonte auch Thomas Hofer. Diese Frage könne "sehr knapp werden", sagte der Experte mit Blick auf das Grüne Ergebnis bei der Landtagswahl in der Steiermark. Für potenzielle Mandatsmehrheiten werde auch das Abschneiden von NEOS und der "Liste Hausverstand", denen so gut wie keine Chancen auf einen Einzug zugestanden werden, relevant sein. Es gehe darum, "wie viele Prozentpunkte rausgenommen werden, die nicht mandatsbegründend sein werden", so Hofer. "In dem Moment, wo die Grünen drinnen sind, ist es für Doskozil entspannter, weil dann an ihm vorbei keine Koalition möglich ist. Wenn aber die Grünen draußen bleiben und die SPÖ knapp das 18. Mandat verliert, dann ist die Chance gegeben, dass es mit Norbert Hofer den nächsten blauen Landeshauptmann gibt." Freilich könnte die SPÖ unter Doskozil im Burgenland auch jederzeit mit der FPÖ koalieren, "da hätte er (Doskozil, Anm.) keinen Schmerz". Hajek hält aber auch das Erreichen der "Absoluten" für die SPÖ für "machbar" - "ob das gelingt, wird man erst am Wahlabend sehen".

Grüne und NEOS müssen um Einzug in Landtag zittern

Schwierig ist die Ausgangslage für die Grünen und die NEOS auch nach Ansicht Bachmayers. Beide Parteien müssten um den Einzug in den Landtag zittern, wofür landesweit vier Prozent der Stimmen oder ein Grundmandat notwendig sind. Zudem drohen sie im Dreikampf zwischen SPÖ, ÖVP und FPÖ unter die Räder zu kommen, sagte er.

Die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS hätten freilich ebenfalls Auswirkung auf die Landtagswahl. Aus den Verhandlungen ventilierte Details wie die diskutierte Anhebung der Grundsteuer oder die "SPÖ-Idee einer Erbschafts- bzw. Vermögenssteuer" würden sich im Burgenland mit dem höchsten Einfamilienhausanteil aller Bundesländer nicht so gut machen, glaubt Bachmayer.

(APA/Red)

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