Am frühen Mittwochmorgen kommentierten die Gäste den sich abzeichnenden Sieg des Republikaners Donald Trump. Der Tenor etlicher Redner beim "Election Breakfast" der ÖAG lautete: Europa braucht eine stärkere Unabhängigkeit von den USA.
Am frühen Mittwochmorgen kommentierten die Gäste den sich abzeichnenden Sieg des Republikaners Donald Trump. Der Tenor etlicher Redner beim "Election Breakfast" der ÖAG lautete: Europa braucht eine stärkere Unabhängigkeit von den USA.
Der neue Präsident des Forum Alpbach, Othmar Karas, brachte es auf den Punkt. Sein Appell, der unabhängig vom Wahlergebnis gelte: "Europa darf seine Politik nicht so stark abhängig von den USA machen." In der Außen- und Sicherheitspolitik sowie im Wirtschaftsbereich sei Europa schwächer. Der ehemalige Vizepräsident des Europäischen Parlaments sprach von einem "Weckruf, an unserer Solidarität zu arbeiten" - und an der transatlantischen Stärkung. Das sollten die Europäer schon längst tun. Als Beispiel führte er Investitionen in den Wirtschaftsstandort Europa an.
Österreichs Generalkonsul in Los Angeles, Michael Postl, berichtete aus den USA, generell sei die Demokratische Partei an der Westküste stark. Doch dieses Mal waren die Themen für den Wahlkampf ausschlaggebend. Die Wirtschaft sei das primäre Thema gewesen, weiters die Themen Abtreibung und Migration. Die große Bedeutung des Migrationsthemas liege auch an der geografischen Nähe zu Mexiko. Der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Los Angeles, Klaus Amann, sprach von einer "nicht so guten Stimmung in den USA". Die Wirtschaft sei hierfür der entscheidende Faktor; es gehe um Arbeit, Kosten für Ausbildung und für Wohnraum. "Die Menschen in den USA sind unzufrieden."
Der Meinungsforscher Christoph Haselmayer stieß ins gleiche Horn. Der Sieg Trumps lasse sich auch damit erklären, dass die Republikaner die Themen Wirtschaft und Migration als Kernpunkte erfassten. Die Demokraten hätten sich hingegen zu spät auf diese Bereiche fokussiert. Auch das Thema Abtreibung sei nicht hinreichend behandelt worden. Der Meinungsforscher verwies ferner auf eine vergleichende Studie: Mindestens 75 Prozent der Österreicher hätten generell für Harris gestimmt.
Touristik-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) sprach von großen geopolitischen Veränderungen. Die Wirtschaft brauche "eine klare Strategie". Laut Börsenexpertin Monika Rosen wurde Trump mehr Wirtschaftskompetenz zugeschrieben. Politikberater Andreas Salcher erklärte, kein US-Präsident habe die transatlantische Allianz so sehr in Frage gestellt wie Trump in der ersten Ära. Trumps Sprache im Wahlkampf sei direkter und klarer gewesen, Präsident Joe Biden habe sich zu spät zurückgezogen.
Der politische Direktor im Außenministerium, Gregor Kössler, definierte die Vereinigten Staaten als "Schlüsselpartner" der Europäer. "Europa muss seine Hausaufgaben machen." Kontinuität in den Beziehungen zum zweitwichtigsten Handelspartner sei entscheidend, betonte Kössler. Hinsichtlich internationaler Organisationen, allen voran UNO und OSZE, sei europäisches Selbstbewusstsein gefragt. Mit Blick auf die virulenten Kriege in der europäischen Nachbarschaft erklärte der Diplomat: "Ohne EU wird es keinen Frieden geben."
Seitens des österreichischen Verteidigungsministeriums sagte auch Generalsekretär Arnold Kammel im Klartext: "Europa muss seine Hausaufgaben machen." Europa müsse seine Verantwortung für sich übernehmen. Von der Seite der Wirtschaftsexperten wurde ebenfalls in der Runde die Verpflichtung Europas angesprochen, die Hausaufgaben zu machen, wobei der Sektor Digitalisierung genannt wurde.
Die österreichische Botschafterin in den USA, Petra Schneebauer, zugeschaltet aus Washington, erinnerte in einem Statement am frühen Morgen daran, dass 80 Millionen Amerikaner bereits im Vorfeld der Wahlen abgestimmt hatten. Unter diesen waren mehr Wähler aus dem Lager der Republikaner als aus den Reihen der Demokraten. Diverse Experten hatten vor dem Urnengang das wichtige Votum der Swing States hervorgehoben. Letztlich fiel das Rennen Trump-Harris weniger knapp aus als erwartet.
Die ökonomische und soziale Perspektive beleuchteten der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Holger Bonin, und der Präsident des Fiskalrates Christoph Badelt. Bonin erwartet, dass Trump Steuersenkungen durchsetzen werde. Fragen der Sozialpolitik beträfen viele Amerikaner unterer Schichten. Badelt erinnerte daran, dass Trump bisher immer gegen höhere Staatsverschuldung aufgetreten sei. Eine Phase der Unsicherheit stehe uns bevor.
Aus dem Kultursektor kamen Sabine Haag, die Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, Barabara Staudinger, die Direktorin des Jüdischen Museums, und der St-Margarethen-Opernintendant Daniel Serafin im Rahmen der ÖAG-Gespräche zu Wort. Haag und Staudinger sprachen sich sinngemäß für eine stärkere Verknüpfung von Politik und Kultur bzw. eine offenere Kulturpolitik aus. Serafin plädierte eher für eine Trennung und erinnerte daran, dass in den USA Kultur nicht subventioniert werde.
(APA/Red)