Gastkommentar von Johannes Huber. Weder Türkise noch Rote wollen noch koalieren mit der Partei. Und ausgerechnet Leonore Gewessler könnte ihre Führung übernehmen. Damit nehmen sie sich ganz aus dem Spiel.
Kommende Woche verlieren die Grünen ihre letzte klassische Regierungsbeteiligung auf Länderebene. Nur in Oberösterreich, wo es eine türkis-blaue Koalition gibt, werden sie dann einen Landesrat stellen. Aber halt einen ohne Macht. Er ist dabei, weil hier noch der Proporz herrscht. In Vorarlberg haben die Grünen in den vergangenen Jahren an der Seite der ÖVP mitbestimmen dürfen, sie stellen den Umwelt- und die Soziallandesrätin. Doch damit ist jetzt Schluss. Sie müssen sich auf die Oppositionsbank verabschieden.
Es ist ein Zug der Zeit: Zuletzt haben die Grünen ihre Regierungsbeteiligungen in Wien (2020), Tirol (2022) und Salzburg (2023) verloren. Davor sind sie schon um jene in Kärnten (2018) und Oberösterreich gekommen, wo sie sich bis 2015 in einer Koalition mit der dortigen ÖVP befunden haben.
In ein paar Wochen oder Monaten werden sie auch aus der Bundesregierung fliegen. Ausschlaggebend dafür ist, was überall eine Rolle spielt: Sie sind als Partner nicht mehr erwünscht, ja werden als unzumutbare Belastung wahrgenommen. Weil sie einerseits einer restriktiven Zuwanderungspolitik im Weg stehen; und weil ihnen andererseits Klima- und Umweltschutz so wichtig ist. Das ist für SPÖ wie für ÖVP zu einem Problem geworden. In Wien sind sie vor vier Jahren von den Sozialdemokraten unter Führung von Bürgermeister Michael Ludwig fallengelassen und als Partner durch Neos ersetzt worden, weil sie etwa neue Straßen im Allgemeinen kritisch sehen und den Lobautunnel im Besonderen ablehnen.
Auf Bundesebene ist es der Volkspartei seit geraumer Zeit wichtig, der FPÖ Wind aus den Segeln zu nehmen. Daher verteidigt ihr Chef, Karl Nehammer, Verbrennungsmotoren und bezeichnet Österreich als Autoland. Daher will er nichts von einem Klima- und Umweltschutz wissen, der auf noch mehr Veränderungen im Alltag hinausläuft: Die Leute hätten aufgrund all der Krisen ohnehin schon viel zu viele Sorgen, lautet die Überlegung.
Für die Grünen verheißt das nichts Gutes. Weil sie selbst nicht mit der FPÖ sowie ÖVP und SPÖ nicht mehr mit ihnen wollen; und weil davon auszugehen ist, dass es länger dabei bleiben wird, werden sie wohl länger im Out bleiben.
Schlimm? Es wirkt nicht so, als würden Werner Kogler, Freundinnen und Freunde, das so sehen. Kogler wird den Parteivorsitz voraussichtlich im kommenden Jahr abgeben. Ausgerechnet Noch-Klimaschutzministerin Leonore Gewessler könnte ihm folgen. Ausgerechnet, weil sie aufgrund ihrer eigenmächtigen Zustimmung zur EU-Renaturierungsverordnung zu den Personen zählt, mit denen Türkise unter keinen Umständen mehr zusammenarbeiten möchten.
Würde es Grünen um Macht gehen, wäre es daher dumm von ihnen, auf Gewessler zu setzen. Sie haben aber keine Macht mehr zu verlieren und so schnell eben auch keine mehr zu gewinnen. Wichtiger: Gewessler wird zwar von einer Mehrheit der Wählerinnen und Wähler abgelehnt. Das sind aber Leute, die ohnehin nie grün wählen würden. Unterstützt wird sie hingegen von einer Minderheit, weil sie mehr als alle anderen Grünen für Klima- und Umweltschutz steht; gerade auch wegen der Sache mit der Renaturierungsverordnung. Insofern wäre sie sogar genau die Richtige, um die Partei vor dem Untergang zu bewahren und in Opposition zu stabilisieren.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik