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Fußi hilft Kickl

11-10-2024, 08:34

Gastkommentar von Johannes Huber. Mit seinen Ambitionen, Babler abzulösen, eröffnet der PR-Berater dem FPÖ-Obmann eine Chance, doch noch Kanzler zu werden.

Der wortgewaltige PR-Berater Rudolf Fußi hat dieser Woche bewiesen, dass er leidenschaftlich für das eintritt, wovon er überzeugt ist. Dass er sich kein Blatt vor den Mund nimmt. Den Zustand der SPÖ, der er als einfaches Mitglied angehört, bezeichnete er in einer Grundsatzerklärung als erbärmlich. Dass sie am Wahlabend, zum ersten Mal abgeschlagen auf Platz drei bei einem bundesweiten Urnengang, den Eindruck vermittelte, es sei nichts passiert, ist bezeichnend für ihn: Es zeige, wie entkoppelt sie von der Realität sei.

Also will der 46-Jährige die SPÖ übernehmen und zur Erneuerung schreiten, die Andreas Babler als ambitionierter, aber glückloser Vorsitzender nicht vollendet habe. Das will er zusammenbringen, weil er das habe, was die Spanier als „Cojones“ bezeichnen: Eier.

Mit diesen Ausführungen hat sich Fußi auch schon disqualifiziert. In vielem mag er recht haben. Bei vielem ist es aber dumm, es auszusprechen. Beispiel eins: Sich offen gegen die Leute zu stellen, die in der Partei das Sagen haben, bedeutet, sie sich zum Gegner zu machen. Damit gemeint sind Gewerkschafter, aber etwa auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Ihnen reicht schon, wie Babler geglaubt hat, das Establishment, also sie, zu entmachten. Das haben sie ihn auch spüren lassen.

Zweitens: Am Abend der Nationalratswahl wäre die SPÖ denkbar schlecht beraten gewesen, festzustellen, was ist. Dass es ihr erbärmlich gehe, dass sie eine Auszeit brauche, um sich neu aufzustellen. Und so weiter und so fort. Grund: Sie hätte damit auch zum Ausdruck gebracht, für eine Regierungsbeteiligung nicht in Frage zu kommen. Weil sie zurzeit eben andere Sorgen habe als sich mit ganzer Kraft den Problemen von Land und Leuten zu widmen.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wäre unter diesen Umständen gezwungen gewesen, seine Absage an eine Zusammenarbeit mit FPÖ-Chef Herbert Kickl aufzugeben und sich auf Koalitionsverhandlungen mit ihm einzulassen. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen wäre kaum eine andere Wahl geblieben, als Kickl mit Auflagen, aber doch den Auftrag zu erteilen, einen Regierung zu bilden. Es wäre schier alternativlos gewesen: Nimmt sich die SPÖ aus dem Spiel, ist nur Blau-Türkis möglich. Türkis-Pink-Grün hat keine Mehrheit.

Führende Sozialdemokraten wie Ludwig haben verhindert, dass sich die SPÖ nach der Nationalratswahl mit Babler und sich selbst beschäftigt. Das ist insofern klug: Nur so kann sie Teil einer zukünftigen Regierung werden. Durch Fußi wird das jetzt gefährdet. Ihm ist es lieber, dass sich die SPÖ mit Babler und sich selbst beschäftigt, ja dafür nimmt er sogar in Kauf, dass sie sich ins Out begibt und Herbert Kickl (FPÖ) vielleicht doch noch werden kann, was zuletzt als sehr unwahrscheinlich galt: Bundeskanzler.

Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik

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