Gastkommentar von Johannes Huber. Auf Werner Kogler und Co. kommen schwere Zeiten zu. Nicht nur Freiheitliche, sondern zunehmend auch Türkise stellen sich gezielt gegen sie und ihre Politik.
Vizekanzler Werner Kogler, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Sozialminister Johannes Rauch, Justizministerin Alma Zadić und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer müssen sich nach neuen beruflichen oder sonstigen Herausforderungen umschauen: Für Grüne wie sie wird in der künftigen Regierung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Platz mehr sein.
Das Wahlergebnis hat keinen Einfluss darauf. Es ist etwas anderes: Türkise werden an der Macht bleiben. Sie werden sich diese – führend oder als „Juniorpartner“ - mit Freiheitlichen oder Sozialdemokraten teilen. Sollte es nötig sein, dürften die Neos ins Boot geholt werden. Nicht aber die Grünen.
Gegen sie gibt es mehr denn je eine Bewegung in Österreich. Schon klar: Die FPÖ wollte noch nie koalieren mit ihnen, das beruht jedoch auf Gegenseitigkeit. Auch die ÖVP ist schon in der Vergangenheit gerne auf Distanz gegangen zu ihnen. Anfang der 2000er Jahre behauptete sie beispielsweise, dass mit ihnen „Haschtrafiken“ kommen würden.
Das aber ist, wenn man so will, Normalität. Dass sich die Volkspartei 2019 auf Türkis-Grün eingelassen hat, war die Ausnahme. Sie ist allein darauf zurückzuführen, dass Sebastian Kurz infolge der Ibiza-Affäre nicht gleich wieder mit Freiheitlichen koalieren konnte; und dass er mit 37,5 Prozent in der Tasche glaubte, sich das leisten zu können.
Neu ist diese Wucht, die Grünen entgegenschlägt: Ihre Klimapolitik wird von Herbert Kickl mit Hysterie und Kommunismus gleichgesetzt, Karl Nehammer demonstriert durch seine Ablehnung von Gewessler, dass er ihre Politik als Bedrohung für die Entwicklung dieses Landes betrachtet. Als wären die Ökos systemgefährdend.
Grüne werden zu Sündenböcken gemacht: Wir leben in Zeiten unendlicher Krisen. Eine relative Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher sieht schwarz für die Zukunft, befürchtet, dass es zu einem nachhaltigen Wohlstandsverlust kommt. Populisten und Demagogen verweisen da gezielt auf Grüne, vermitteln den Eindruck, dass der Niedergang vor allem auf sie zurückzuführen sei, die angeblich nur Energie verteuern und Freiheit auf vier Rädern streichen wollten – das Letzte, was man noch hat, sozusagen.
In der ÖVP arbeiten sich Türkise wie Schwarze vor diesem Hintergrund öffentlich sichtbar an ihnen ab und wollen nicht mehr zusammenarbeiten mit ihnen. Demnächst werden sie daher aus der Regierung fliegen und bald darauf wohl auch aus der einzigen Landesregierung, in der sie noch vertreten sind (Vorarlberg).
Wien wiederum steht als Beispiel dafür, dass grundsätzlich auch weiten Teilen der Sozialdemokratie Veränderungen zu weit gehen, die Grüne wollen. Bürgermeister Michael Ludwig setzte daher die Koalition mit ihnen, die sein Vorgänger Michael Häupl eingegangen war, nach der Gemeinderatswahl 2020 nicht fort, sondern gab Neos den Vorzug. Ludwig lässt die Grünen jedoch leben, spricht nicht von „Volksverrätern“ oder dergleichen. Das ist ein wesentlicher Unterschied.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik