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Zu dünnes Bier

13-09-2024, 08:02

Gastkommentar von Johannes Huber. Ob es Dominik Wlazny in den Nationalrat schaffen wird, ist nicht mehr ganz so sicher wie vor ein paar Monaten. Lässig zu sein ist schlicht zu wenig.

Vielleicht hat Dominik Wlazny seine besten Zeiten als Politiker bereits hinter sich. Bei der Bundespräsidenten-Wahl vor zwei Jahren durfte er über beachtliche 8,3 Prozent österreichweit jubeln. Besonders erfreulich dabei war für ihn, dass er in Wien sogar mehr Stimmen erhielt als FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz. Vor einem Jahr wurden ihm hier auch beste Chancen auf kommunaler Ebene attestiert. Bei einer Bürgermeister-Direktwahl wäre er laut dem Meinungsforschungsinstitut „Unique Research“ mit 17 Prozent auf Platz zwei hinter Amtsinhaber Michael Ludwig (SPÖ) gelandet. Es ist unglaublich. Zumal Wlazny inhaltlich so gut wie nichts zu bieten hat.

Sehr wahrscheinlich wird ihm heute jedoch zum Verhängnis, dass bisher alles so einfach gegangen ist: Vor dem Sommer hätte man darauf wetten können, dass er es mit seiner „Bierpartei“ beim Urnengang am 29. September in den Nationalrat schafft. Heute sollte man vorsichtig sein. Die Umfragewerte weisen eine leicht sinkende Tendenz auf und nähern sich der Vier-Prozent-Marke, die entscheidend ist, gefährlich an aus seiner Sicht. Kommentare in klassischen wie sozialen Medien wiederum werden immer kritischer. Nach seinem jüngsten Auftritt in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ hieß es, er habe zu relevanten Fragen wenig bis nichts zu sagen, ja es sei zu bezweifeln, dass er selbst bei einem Eignungstest, den er für Regierungsmitglieder fordert, durchkommen würde.

Doch wen überrascht das alles? Wlazny hat schon bei der Bundespräsidenten-Wahl nicht durch Kompetenz oder ein inhaltliches Reformprogramm für Österreich geglänzt. Angekommen ist er erstens, weil er kein Politiker ist und sich daher gerade in einer Zeit anbot, gewählt zu werden, in der der Frust über Politik groß ist; zweitens half ihm, dass vielen Grünen-, aber auch Neos-Anhägern Alexander Van der Bellen im Alltag zu zurückhaltend agiert und sie daher froh über ihn waren, der wenigstens so wirkt, als wolle er niemandem etwas Böses anhaben.

Mehr war da nicht. Und das fällt dem 37-Jährige auf den Kopf. Ein Blick in das Wahlprogramm der Bierpartei, das „Menü“ heißt, zeigt, dass Wlazny mit Forderungen wie jener nach einer „Entpolitisierung der Politik“ nach wie vor eher nur darauf setzt, vom Frust über Politik profitieren zu können. Dass er meint, als coole Socke punkten zu können, zumal die meisten Spitzenkandidaten bei einer deutlichen Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher unten durch sind.

Bei einer Nationalratswahl, die sich auf die Frage „Kickl oder Kickl verhindern“ zuspitzt, ist das alles jedoch zu wenig. Da tun sich andere gerade für Wähler, von denen er bei der Bundespräsidenten-Wahl unterstützt worden ist, viel eher hervor: SPÖ-Chef Andreas Babler, Grünen-Sprecher Werner Kogler oder Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger etwa mit ihren „Brandmauer“ gegen eine „Orbanisierung“ unter freiheitlicher Führung.

Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik

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