Gastkommentar von Johannes Huber. Mit Genossen wie Nevrivy und Luger ist die SPÖ verloren. Spät scheint es beim Bundesparteivorsitzenden zu sickern.
Was der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) gemacht hat, ist unentschuldbar: Er hat geholfen, dass sein Wunschkandidat Dietmar Kerschbaum vor sieben Jahren künstlerischer Leiter des städtischen Brucknerhauses werden konnte; das ist ein bekanntes Konzerthaus. „Na und, das ist doch typisch österreichisch“, könnte man jetzt vielleicht einwenden. Nein, das ist es nicht. Es geht weit darüber hinaus: Es gab ein Auswahlverfahren mit mehreren Bewerbern. Vor allem aber: Luger hat die Öffentlichkeit belogen, er hat lange so getan, als habe er mit Kerschbaum nichts zu tun gehabt. Dabei hat er ihm einst vorab Fragen für das Kandidatenhearing übermittelt. Ja, er hat später sogar nach diesem „Leak“ fahnden lassen. Diese Woche hat sich herausgestellt, wie es wirklich war. Rücktritt? Keine Spur.
Mit solchen Leuten ist die SPÖ erledigt. Gemeint ist hier nicht nur Klaus Luger. Daher der Plural. Gemeint ist auch der Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ). Er ist vor wenigen Monaten im Zuge der Kleingartenaffäre unter Druck geraten, bei der es darum geht, dass Genossen 2020 relativ günstig ein Grundstück erworben haben, das bald darauf vom Gemeinderat umgewidmet und damit de facto auch schon aufgewertet worden ist. Haben Nevrivy und Co. bloß Glück gehabt? Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Für SPÖ-Chef Andreas Babler war in diesem Fall allein schon die Optik verheerend, wie er selbst erklärte: Er mache Politik „für diejenigen, die es sich nicht richten können – weder durch ihre Millionen am Konto, noch durch ihre politischen Kontakte“. Daher werde er nicht dulden, wenn in den eigenen Reihen der Eindruck entstehe, dass genau das passiere.
Konsequenzen gab’s jedoch keine, die Worte verpufften. Die Wiener SPÖ von Bürgermeister Michael Ludwig hat sich hinter Nevrivy gestellt, dieser ist Bezirksvorsteher geblieben. Babler ist vorgeführt worden als einer, der nichts zu melden hat und der sich in den eigenen Reihen nicht durchsetzen kann.
Jetzt die Sache mit Luger. Mitten im Nationalratswahlkampf. Da hat Babler immerhin versucht durchzugreifen, hat den Linzer aufgefordert, seine Parteifunktionen niederzulegen. Ansonsten werde es zu einem Ausschlussverfahren kommen, so Babler. Am Ende gab Luger seine Parteifunktionen ab, will aber Bürgermeister bleiben. Eine halbe Geschichte also.
Mit Aussagen darüber, wie sich das Ganze auf den Wahlausgang am 29. September auswirken wird, muss man vorsichtig bleiben. Glück im Unglück für Babler und die SPÖ ist, dass er nicht zum Establishment gehört. Dass er von diesem bis heute nicht ernstgenommen wird. Das kann ihm jetzt sogar helfen. Wenn er seine Chance ergreift: Er kann sich gewissermaßen als Anti-Politiker inszenieren, der glaubhaft nicht dazugehört; er kann einen neuen Stil propagieren, für den es ganz offensichtlich riesigen Bedarf gibt.
Zu viele Sozialdemokraten wissen nicht, was geht und was nicht geht. Er kann da jetzt Klartext reden, dass es scheppert. Wenn er will. Sonst ist er, sonst ist die SPÖ verloren.
Johannes Huber betreibt den Bog – Analysen und Hintergründe zur Politik