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Demokratiefeind Wlazny

11-07-2024, 15:54

Gastkommentar von Johannes Huber. Der Chef der Bierpartei wetteifert mit Kickl um Wählerstimmen. Weit kommen wird er dabei jedoch nicht, wenn er so weitermacht.

Bisher ist Dominik Wlazny sehr erfolgreich gewesen, weil er ausschließlich als Person gewirkt und sich mit inhaltlichen Forderungen zurückgehalten hat. Bei der Bundespräsidenten-Wahl 2022 ist er damit auf beachtliche 8,3 Prozent gekommen.

Vielleicht hätte er bei dieser Strategie bleiben sollen. Vor ein paar Wochen schon hat er angekündigt, bei der Nationalratswahl Ende September antreten zu wollen. In Umfragen sind ihm zuletzt durchschnittlich fünf, sechs Prozent ausgewiesen worden. Er kann also damit rechnen, ins Hohe Haus einzuziehen.

Sicher ist jedoch gar nichts. Das Phänomen Wlazny ist eine Blase. Sie ist in den Krisenjahren größer geworden und beruht darauf, dass nicht wenige Wählerinnen und Wähler enttäuscht sind von der Politik. Ihnen ist Wlazny, von dem man kaum etwas weiß, der jedoch wirkt, als meine er es gut mit Land und Leuten, gerade recht gekommen.

Jetzt hat er erstmals verraten, was er sich inhaltlich so vorstellt: Eine „Entpolitisierung der Politik“. Taktisch mag das nicht ganz unklug sein: Es entspricht eben einem verbreiteten Unmut über Politik. Wlazny versucht die Illusion zu stärken, dass es besser wäre, „parteiunabhängige Expertinnen und Experten“ ans Ruder zu lassen. Oder Unternehmensberater mitreden zu lassen, wer Ministerin oder Minister werden soll.

Damit ist klar, wen der Bierpartei-Chef ansprechen möchte: Ähnliche Leute wie Kickl. Leute, die finden, dass alle Politiker unfähig sind und ausschließlich Parteiinteressen folgen. Kickls Antwort darauf ist, dass er sich als Volkskanzler darstellt, der ausschließlich dem Volk dienen würde. Was in dieser Form unmöglich ist: Das Volk sind viele mit ebenso unterschiedlichen Vorstellungen. Da kann man es nie allen recht machen.

Demokratiepolitisch ist das, was Wlazny will, nicht minder problematisch: Er tut, als gebe es Experten und stets eine Wahrheit, der nur sie gerecht werden. Das ist Unsinn: Wenn man fünf Experten kontaktiert, erhält man mindestens fünf verschiedene Lösungsansätze, die durchaus abhängig sind von persönlichen Überzeugungen.

Bei Politikern mögen Parteiinteressen maßgebend sein. Man sollte aber nicht vergessen, dass letztlich immer der Souverän über ihnen steht. Also Wählerinnen und Wähler. Ihnen gegenüber sind sie verantwortlich. Wählerinnen und Wähler bestimmen vor allem, wer im Nationalrat sitzt, in ihrer Vertretung Gesetze beschließt, die Regierung kontrolliert und Ministern allenfalls das Misstrauen ausspricht, sie de facto also abwählt.

Man kann sich ärgern, dass das nicht regelmäßig passiert, dass Abgeordnete nicht laufend durchgreifen. Sich mit Experten und Unternehmensberatern darüber hinwegzusetzen, würde jedoch bedeuten, nicht nur die Volksvertreter zu entmachten, sondern auch den Souverän.

Insofern ist gefährlich, was Wlazny hier treibt. Andererseits: Damit wird er gegen Kickl nicht ankommen. Dessen Erfolg beruht im Übrigen darauf, dass er Stimmungslagen viel umfassender entspricht. Zu Coronamaßnahmen, zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und zu Migration vertritt er immer wieder allein Positionen einer relativen Mehrheit. Das ist sein Geheimnis. Vergleichbares hat Wlazny nicht.

Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik

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