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Wo sich die FPÖ dumm stellt

5-07-2024, 07:10

Gastkommentar von Johannes Huber. Herbert Kickl und Co. werden kaum glauben, was sie zum Klimawandel sagen. Wie so oft geht es ihnen jedenfalls darum, einen Teil der Wählerschaft „exklusiv“ zu bedienen.

Klimawandel? FPÖ-Chef Herbert Kickl zieht es vor, vom „sogenannten Klimawandel“ zu sprechen, um den Eindruck zu erwecken, dass es keinen gebe. Seine Parteikollegin, die Nationalratsabgeordnete Dagmar Belakowitsch hat das jetzt auch gemacht. In einer Debatte im Hohen Haus meinte sie, dass Unwetter und Tage mit mehr als 30 Grad nichts neues seien: „Im Sommer ist es heiß“, sagte sie: „Das war schon früher so.“

Vollkommen richtig, wie ein Blick in die Statistik zeigt: In einem normalen Sommer hat es vor 50 Jahren in Wien gut und gerne zehn Hitzetage pro Jahr gegeben. Das sind Tage, an denen das Thermometer auf 30 Grad oder mehr klettert. Was Belakowitsch im Sinne ihres Bundesparteiobmannes behauptet, ist also korrekt. Bloß unvollständig: Seit geraumer Zeit sind 20, 30 Hitzetage normal.

Umgekehrt könnte man auch behaupten, es gebe noch immer kalte Tage. Das Problem ist jedoch, das es tendenziell viel weniger geworden sind. Hatte es früher öfter Minustemperaturen, so ist das heute viel seltener der Fall.

Es ist wärmer geworden. Und wie ein Frosch im Kochtopf merkt man das nicht einmal so richtig. Das fällt besonders dann auf, wenn man das Gefühl hat, dass es gerade ziemlich frisch oder, sagen wir, angenehm sei. Wie im Juni zum Beispiel. Die mittlere Tagestemperatur hat da in der Bundeshauptstadt 21,3 Grad betragen, wie Daten von „GeoSphere Austria“ (ehemals ZAMG) zu entnehmen ist. Wenig? Es waren um 3,1 Grad mehr als es im Vergleichszeitraum 1961 bis 1990 im sechsten Monat des Jahres durchschnittlich hatte.

Derlei ist Kickl und Belakowitsch natürlich nicht unbekannt. Sie täuschen jedoch bewusst darüber hinweg. Es geht ihnen wieder einmal darum, einen Teil der Wählerschaft „exklusiv“ zu bedienen. Das hat Tradition in ihren Reihen. So wird es dort im Umgang mit der EU, mit Corona oder eben auch dem Klimawandel gehandhabt: Es wird einfach eine Position eingenommen, die keine oder kaum eine andere Partei vertritt, die aber so vielen Menschen entspricht, dass man damit erfolgreich sein kann bei Wahlen.

Beim Klimawandel ist die Haltung der Österreicherinnen und Österreich bei weitem nicht so klar, wie sich das unter anderem Grüne gerne wünschen würden: Nur gut die Hälfte ist der Überzeugung, dass er überwiegend durch menschliches Handeln verursacht werde. 40 Prozent finden dagegen, dass natürliche Prozesse genauso schuld daran seien. Für fast zehn Prozent stehen überhaupt vor allem sie hinter den Veränderungen. Ähnlich viele sehen daher auch wenig bis keine Verantwortung für sich selbst, einen Beitrag zur Eindämmung zu leisten.

Gerade in Zeiten multipler Krisen dürfte dieser Anteil sogar größer geworden sein: Wenn man überhaupt schon mit so vielen Herausforderungen konfrontiert ist und schauen muss, wie man finanziell über die Runden kommt, dann sinkt erstens die Bereitschaft, sich Problemen wie dem Klimawandel zu stellen und zweitens, sich etwa in Bezug auf den CO2-Ausstoß einzuschränken. Ja, es befeuert unter solchen Umständen viel mehr noch eine Gegenbewegung, wenn Klimaaktivsten dazu aufrufen, auf Billigflüge für den Urlaub zu verzichten oder wenn sie gar Straßen blockieren.

Darauf setzt Kickl. Es trägt dazu bei, dass er mit der FPÖ führend ist im Moment. Weniger die Sache, persönliche Überzeugungen oder Vernunft treiben ihn an, parteipolitisches Kalkül tut es. Es geht schlicht um die Frage, womit er Stimmen gewinnen kann. Das liefert er.

Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik

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