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Fußball-EM: So geht es für Österreich nach dem kurzen "Sommermärchen" weiter

3-07-2024, 16:12

Für das ÖFB-Team ist das "Sommermärchen" zu Ende, bevor es so richtig begonnen hat. Die 1:2-Niederlage im EM-Achtelfinale gegen die Türkei ist einer der schmerzhaftesten Momente in der Geschichte des ÖFB.

Trotz der Enttäuschung im EM-Achtelfinale hat das ÖFB-Team unter Ralf Rangnick dem österreichischen Fußball neuen Optimismus verliehen. Die österreichische Nationalmannschaft hat bei der gezeigt, dass sie dank ihres physisch anspruchsvollen und auf rasche Balleroberungen ausgerichteten Spielstils mit den besten Teams mithalten kann.

ÖFB-Team setzt nach kurzem "Sommermärchen" weiter auf hohes Pressing

Nachdem sie sich in der Gruppenphase vor Frankreich, den Niederlanden und Polen durchgesetzt hatte, war die Stimmung eine Woche lang euphorisch. Doch den hochgesteckten Erwartungen konnte das Team von Rangnick im ersten Ausscheidungsspiel nicht standhalten. Selbst internationale Medien hatten die Österreicher plötzlich als Geheim- oder sogar als Mitfavoriten für den EM-Titel gehandelt. Rangnick wird seinem Stil mit hohem Pressing treu bleiben. Viele seiner Kicker haben ihn längst verinnerlicht, sind sie doch in der von ihm begründeten Red-Bull-Schule groß geworden. Den Vergleich mit den Automatismen einer Clubmannschaft hält Rangnick für zulässig. "Technisch sind wir noch nicht perfekt", meinte der Teamchef. Seine Mannschaft hätte sich aber in den zwei Jahren seiner Amtszeit auch in Ballbesitz enorm weiterentwickelt.

Österreichs Spieler wirkten bei Fußball-EM fitter

Das ÖFB-Team verzeichnete bis zum Achtelfinale nicht nur die meisten Fouls (61) und Ballgewinne (179), es wirkte seinen Gegnern phasenweise auch physisch überlegen. Das könnte mit der Frische zu tun haben: Im Vergleich zu den Gruppengegnern Frankreich und Niederlande waren Österreichs Topspieler im Saisonverlauf deutlich weniger belastet. Die meisten Pflichtspiel-Einsätze für ihre Clubs verzeichneten Alexander Prass bei Sturm Graz (47) und Konrad Laimer, unter dessen 43 Partien für Bayern München aber auch viele Kurzeinsätze waren. Bei internationalen Topclubs sind 50 und mehr Saisonpartien keine Seltenheit. Die ÖFB-Asse strotzten im Gegensatz zu Kylian Mbappe und Co. am Ende einer langen Saison noch vor Energie.

Dazu trug wohl auch das sehr gut gewählte EM-Quartier bei. Zu den beiden Gruppenspielen in Berlin fuhren die Österreicher jeweils 20 Minuten mit dem Bus, ersparten sich jegliche Reisestrapazen - und gewannen sowohl das Schlüsselspiel gegen Polen (3:1) als auch gegen die Niederlande (3:2). Vor der Partie gegen "Oranje" standen beide Teams bereits mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Achtelfinale. Es ging nur noch um die Gruppenpositionen und den weiteren Turnierbaum. Österreichs Erfolg mit einer Startelf, in der mehrere Stammspieler wegen Gelber Karten geschont wurden, wurde von nicht wenigen Fans gefeiert, als wäre man fast schon Europameister.

Gegner stellen sich auf ÖFB-Team besser ein

So etwas wie "Freundschaftsspiele" gibt es unter Rangnick ohnehin nicht. 2022 wurde der damalige Europameister Italien, ein Jahr später auch EM-Gastgeber Deutschland in Wien mit 2:0 abgefertigt. Nicht zuletzt die Italiener jammerten über die für einen Test ihrer Meinung nach viel zu harte Gangart der Hausherren. Von acht ÖFB-Testspielen der Ära Rangnick ging keines verloren, in Bewerbspartien dagegen setzte es bei neun Siegen und zwei Remis bisher auch sieben Niederlagen.

Es scheint so, als würden sich die Gegner im zweiten Anlauf besser auf das ÖFB-Team einstellen. Es geht die Meinung um, dass man Österreich einmal spüren müsse, um dem ausgeübten Druck und dem "Durch-den-Mann-Verteidigen" gewachsen zu sein. Videos allein dürften da nicht reichen. Die nackten Zahlen: In der Ära Rangnick war das ÖFB-Ergebnis im jeweils zweiten Duell nur gegen Estland (2:0 nach 2:1) besser als im ersten.

Einem Sieg gegen Kroatien folgte in der Nations League eine Niederlage, nach einem Remis gegen Frankreich verlor man gegen die "Bleus" mittlerweile zweimal. Auch gegen Belgien gab es in der EM-Quali nach einem 1:1 auswärts daheim ein 2:3. Der Höhepunkt: Für einen 6:1-Kantersieg in einem Test im März in Wien revanchierten sich die Türken im EM-Achtelfinale auf deutlich größerer Bühne.

Österreich kann Ausfälle nur schwer kompensieren

Das Duell mit der Nummer 42 der FIFA-Weltrangliste - Österreich ist 25. - offenbarte auch andere Probleme der ÖFB-Auswahl. Eines davon ist die mangelnde Kadertiefe. Das Fehlen des gesperrten Patrick Wimmer etwa wirkte sich dermaßen aus, dass Rangnick keinen dynamischen, schnellen Offensivmann mit ausreichend Tiefgang mehr einwechseln konnte. Stattdessen kam mit Michael Gregoritsch ein zweiter Stürmer neben Marko Arnautovic.

Sollte Arnautovic seine Karriere im Nationalteam nach 116 Länderspielen tatsächlich beenden, wäre Gregoritsch im Sturmzentrum allein auf weiter Flur. Viel hängt am 30-Jährigen vom SC Freiburg. Viel mehr noch hing bei der EM an Christoph Baumgartner. Der 24-Jährige ist das Um und Auf in der österreichischen Offensive, dabei ist er bei seinem Club RB Leipzig noch nicht einmal Stammspieler. Marcel Sabitzers EM war nach einer starken Saison bei Borussia Dortmund von Aufs und Abs geprägt. Beim Aus gegen die Türkei blieb der mit neuer Cornrow-Frisur aufgetretene Mittelfeldmann hinter den Erwartungen.

Die Enttäuschung war bei allen Beteiligten groß. Es besteht aber Hoffnung, dass sie aufgefangen wird. Der in der Mannschaft entstandene Teamgeist ist etwas Bleibendes. Rangnick hat es geschafft, dass sich alle 26 Spieler im EM-Kader - auch diejenigen, die nicht zum Einsatz kamen - wertgeschätzt fühlten. Für den Anlauf auf die WM 2026 wird es mit Ausnahme des möglichen Arnautovic-Abschiedes keinen großen Umbruch geben. Mit den verletzten David Alaba und Xaver Schlager könnten stattdessen zwei weitere Leistungsträger wieder zur Verfügung stehen.

(APA/Red)

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