Nationalratspräsident Sobotka begrüßt die Fortsetzung der Koalition nach der Auseinandersetzung um die Renaturierung, wodurch ein "freies Spiel" der Kräfte im Parlament verhindert wird.
Bei einem Pressetermin im Rahmen der Veranstaltung "Offen gefragt" hob Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hervor, dass Österreich auf die Tradition von Koalition und Opposition sowie der Parteiendemokratie setzt. In der Vergangenheit wurden Entscheidungen mit milliardenschweren Folgen, die weit in die Zukunft reichten, getroffen.
Nationalratspräsident Sobotka kritisiert Gewessler für Zustimmung zu Renaturierungsgesetz
So ist für Sobotka auch die Entscheidung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) "sehr konsequent und nachhaltig". Es goutiere niemand das "freie Spiel" der Kräfte. Auch müsse man das ganze sehr pragmatisch sehen: Die nächste Wahl sei nur noch wenige Wochen entfernt. In der Sache stellte sich der Präsident hinter die Position seiner Volkspartei, wonach Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) dem Renaturierungsgesetz nicht zustimmen hätte dürfen, da es darüber in der Regierung keine Einigkeit gab und eine negative Länder-Stellungnahme vorlag. Er könne sich nicht daran erinnern, dass jemals ein Regierungsmitglied eine Erklärung des Verfassungsdiensts nicht beachtet habe. Das Beratungsgremium der Regierung war der Meinung, Gewessler dürfe nicht im Alleingang zustimmen, von der Ministerin in Auftrag gegebene Gutachten sagten das Gegenteil.
Sobotka hätte Kickl nicht zum Nationalratspräsidenten gewählt
Unverändert tritt Sobotka gegen FPÖ-Obmann Herbert Kickl als Regierungspartner der Volkspartei ein. Auch der Bundeskanzler sei hier ganz klar in der Haltung, betonte der Parlamentschef. Kickls Attitüde - Stichwort Volkskanzler - überschreite Grenzen und suche auch in der Diktion "vergangene Zeiten". So hätte Sobotka auch Kickl mit Sicherheit nicht zum Nationalratspräsidenten gewählt. Auf die Frage, ob etwas gegen den Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer (FPÖ) spräche, sollten die Freiheitlichen stärkste Kraft werden, antwortet er zurückhaltend: "Kollegen Hofer schließe ich für mich nicht aus." Gleichzeitig machte Sobotka jedoch auch klar, dass es nur Usance sei, dass die stimmenstärkste Partei den Präsidenten stelle: "Das ist aber kein Gesetz."
Entscheidung zu Ausstieg aus Politik selbst gewählt
Umfragen legen nahe, dass im künftigen Nationalrat mehr als fünf Fraktionen vertreten sein könnten. Darauf habe man sich vorbereitet, betonte der Nationalratspräsident seine Überzeugung, dass für alle Parteien gute Arbeitsbedingungen herstellbar seien. Dass Sobotka nicht mehr zur Nationalratswahl antritt, hat er selbst gewählt, wie er neuerlich betonte. Von VP-Chef Nehammer habe es ein Angebot für einen Platz auf der Bundesliste gegeben. So wie er den Einstieg in die Politik als selbst bestimmter Mensch selbst gewählt habe, wolle er nun auch selbst entscheiden, wann sein Mandat ende.
Nationalratspräsident Sobotka vor Wahl mit zwei Schwerpunkten
Bis dahin sind es noch einige Wochen und für die hat Sobotka zwei Schwerpunkte. Einerseits wolle er die jüdischen Gemeinden mit Parlamentariern aus ganz Europa zusammenbringen, andererseits einen Dialog führen, sich mit dem Islamismus auseinanderzusetzen. Dabei wolle er die islamische Glaubensgemeinschaft motivieren aufzutreten und aktiv für ein europäisches Islambild zu werben. Welchen Aufgaben er sich künftig widmen will, sagte Sobotka nicht: "Über die Brücke gehe ich, wenn sie da ist."