Noch während die EU-Wahl 2024 lief, kursierten im Internet bereits Gerüchte über mögliche Manipulationen in Österreich und Deutschland. Im Faktencheck werden diese Behauptungen unter die Lupe genommen.
Sie kommt fast wie das Amen im Gebet - die Diskussion um mögliche Fälschung oder Manipulation nach einer Wahl. Noch während die in Österreich und Deutschland im Gange war, kursierten in mehreren sozialen Netzwerken Gerüchte über Wahlbetrug. In Deutschland sollen demnach AfD-Stimmzettel von Wahlhelfenden vernichtet worden sein, in Österreich potenzielle FPÖ-Stimmzettel von Wahlbeisitzern anderer Parteien für ungültig erklärt worden sein.
Faktencheck: Keine Hinweise auf Manipulation bei EU-Wahl
Einschätzung: Weder in Österreich noch in Deutschland gibt es bisher Hinweise auf tatsächliche Manipulationsversuche. Grundsätzlich ist die Frage der Gültigkeit und Ungültigkeit von Stimmzetteln in der Europawahlordnung (EuWO) klar geregelt. Jegliche Fälschung ist strafbar.
Überprüfung: In Österreich verbreitete sich vor allem die Behauptung, dass Stimmzettel für die FPÖ während der Auszählung "fallengelassen" worden wären, wenn die Stimme nicht klar erkennbar gewesen sei. Dies sei vor allem deshalb möglich gewesen, weil nicht in allen Wahlsprengeln Beisitzende der FPÖ anwesend gewesen seien. Tatsächlich liegt es in der Verantwortung der Parteien selbst, ob sie Beisitzerinnen oder Beisitzer entsenden. Wie viele Personen aus jeder Partei kommen, hängt vom Ergebnis bei der letzten Wahl ab.
Stimmzettel können nich einseitig für ungültig erklärt werden
Die Beurteilung der Stimmzettel muss immer im Kollegium einer Wahlbehörde erfolgen, alle Entscheidungen müssen niederschriftlich festgehalten werden. Ein Stimmzettel kann also nicht einseitig von Wahlhelfenden für ungültig erklärt werden (1). Das Innenministerium teilte der APA auf Anfrage mit, dass keine Beschwerden oder Behauptungen in Bezug auf die jüngste EU-Wahl bekannt seien oder der Behörde in irgendeiner Form gemeldet oder weitergegeben worden waren.
In Deutschland verbreiteten sich vor allem Posts zu angeblicher Vernichtung ("schreddern") oder dem Verschwindenlassen von AfD-Stimmzetteln durch Wahlhelferinnen und Wahlhelfer. Die deutsche Bundeswahlleiterin schrieb am Sonntagabend dazu auf X (vormals Twitter), dass eine Manipulation durch Einzelne ausgeschlossen sei, da ein Wahlvorstandsmitglied nie alleine entscheide oder mit Wahlunterlagen alleine sei. Der Wahlvorstand umfasse immer sieben bis neun Personen. Eine Behauptung in einem Post sei kein Beleg für tatsächliche Wahlmanipulation, betonte die deutsche Behörde. Auf APA-Anfrage verwies die deutsche Behörde am Montag auf ihren X-Thread.
Ursprung der Falschinfos liegt in unseriösen Accounts
Es lohnt sich auch ein Blick auf die Accounts, die die entsprechenden Gerüchte in Umlauf gebracht haben. Das Posting, in dem behauptet wurde, Wahlzettel, auf denen für die AfD gestimmt worden sei, entsorgt zu haben, existierte kurz nach Veröffentlichung nicht mehr. Ebenso wurde der gesamte Account gelöscht, obwohl er bereits seit längerer Zeit existierte. Auch ein anderer Beitrag auf X (vormals Twitter), der als Beleg für Wahlmanipulation angeführt worden war, wurde mittlerweile gelöscht. Es existiert nur mehr eine archivierte Version.
Das Bild geschredderter Wahlzettel entpuppte sich als Stockfoto (2). Ein von derselben Person in Umlauf gebrachtes Foto von angeblich entfernten AfD-Briefwahlstimmen bei der EU-Wahl stammt aus einer dpa-Bilddatenbank und wurde bereits im Jahr 2019 im Zuge der Berichterstattung über eine Landtagswahl in Deutschland verwendet (3).