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Karas und Hahn erwarten rasche Nominierung Von der Leyens als EU-Kommissionchefin

10-06-2024, 13:43

Nach dem Sieg der konservativen EVP bei der Europawahl erwarten der EU-Parlamentsvize Othmar Karas und EU-Kommissar Johannes Hahn (beide ÖVP) eine rasche Nominierung der EVP-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen für eine zweite Amtszeit als Kommissionschefin.

Er erwarte, dass das EU-Parlament den Rat der Staats- und Regierungschefs sofort auffordere, von der Leyen zu nominieren, sagte Karas am Montag in Wien.

Von der Leyen als "logische Kandidatin" für EU-Kommissionspräsidentschaft

Hahn sagte, er gehe davon aus, dass schon im Juli die Wahl der EU-Kommissionspräsidentin erfolge "und die Dinge schnell in die Gänge kommen. Die Welt wartet nicht darauf, dass wir elendslange brauchen". Durch das eindeutige Wahlergebnis sei von der Leyen die "logische Kandidatin". Bereits im Juni sollte der Gipfel das Personalpaket schnüren.

Stabilität in unsicheren Zeiten: Europas politische Landschaft nach den Wahlen

Karas betonte, obwohl durch Zugewinne rechter Parteien vieles schwieriger werde, sehe er die Lage weniger pessimistisch, weil die pro-europäischen Fraktionen von Christ- und Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen eine klare Mehrheit hätten. "Wenn die Mitte geeint agiert, muss niemand nach rechts und links schielen."

Auch Hahn betonte: "Es ist Stabilität gewählt worden in unsicheren Zeiten." In Frankreich und in Deutschland seien die Regierenden jedoch "ziemlich abgestraft" worden, der deutsch-französische Motor sei für das Funktionieren Europas wichtig, so Hahn. Dass Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron umgehend eine Neuwahl des französischen Parlaments ausgerufen hat, sei "kein Zeichen von Stabilität und Berechenbarkeit". Positiv sei, dass die pro-europäische konservative Regierung von Donald Tusk in Polen auch europäisch bestätigt worden sei.

Die Auswirkungen der Europawahlen auf die Beziehungen zu Russland

Die Frage, ob sich der russische Präsident Wladimir Putin über den Ausgang der Europawahlen freuen könne, verneinte Karas, zumindest was die Zusammensetzung des künftigen EU-Parlaments betrifft. "Bei Frankreich ja, bei Deutschland nein", beantwortete Paul Schmidt von der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik die Frage. Auch Hahn sieht in Deutschland durch den Sieg von CDU/CSU die Ukraine-Unterstützer gestärkt, während in Frankreich die siegreiche Rechtspopulistin Marine Le Pen russland-freundliche Positionen unterstütze. Deshalb gebe es auch eine mehrjährige Finanzzusage der EU an die Ukraine, sagte Hahn, der hier grosso mode keine relevanten Änderungen erwartet. Dort, wo die größte Gefahr einer Blockade im EU-Rat geherrscht habe, nämlich in Ungarn, sei die Regierung abgemahnt worden, sagte Karas.

Schmidt bezeichnete es als positiv, dass die EU-weite Wahlbeteiligung um einen Prozentpunkt gestiegen sei. Die FPÖ habe es in Österreich geschafft, stark zu mobilisieren. Er sehe vor allem eine Protestwahl. Von Österreich und Frankreich sei aber nicht auf die ganze EU zu schließen, "im Europäischen Parlament gibt es keinen rechten Durchmarsch". Die Mitte bleibe trotz Zugewinnen der beiden Rechtsaußen-Fraktionen EKR und ID stabil. Anti-Regierungsvoten habe es in Österreich und Frankreich, aber auch in Ungarn und Deutschland gegeben, während in Polen und Italien die Regierenden gestärkt wurden. Durch die Ergebnisse in Deutschland und Frankreich sieht Schmidt "das Risiko, dass der Integrationsmotor ins Stottern gerät".

Wahlbeteiligung und politische Trends: Eine Analyse der Europawahlen

Bei den Inhalten werde es zu einer Schwerpunktverschiebung hin zu Migration, Sicherheit und Verteidigung, Wettbewerbsfähigkeit und Green Deal kommen, sagte Schmidt. Bei vielen Themen wie beim Klimaschutz gehe es in der nächsten Legislaturperiode um die Umsetzung. Die EU-Erweiterung werde schwieriger, weil sie in eine kompliziertere Phase komme, sagte Schmidt. Auch erwartet er, dass Macron sich nunmehr vorrangig um Frankreich kümmern werde.

Die Themen Zuwanderung sowie Sicherheit und Krieg und Umwelt- bzw. Klimaschutz seien klar in der Prioritätenliste nach oben gekommen, sagte auch die Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik. Hier könne man nicht vom Alter her differenzieren. Interessant sei das Wahlverhalten junger Menschen, die sich erst kurz vor der Wahl für eine Partei entschieden hätten. Im Zuge der Wahlaltersenkung in Österreich auf 16 Jahre habe sich gezeigt, dass das Interesse an der Politik stark vom Elternhaus abhänge, aber auch durch Bildung und Schule bestimmt werde. Auf Fragen zu Auswirkungen auf die Nationalratswahl im Herbst sagte die Politikwissenschafterin, dass die Ergebnisse 2019 knapp beieinander gelegen sein, die größte Differenz habe es bei der ÖVP gegeben. Es sei aber noch Zeit für den Wahlkampf.

Zukünftige Prioritäten und Herausforderungen der EU

Hahn bekräftigte, dass er als EU-Kommissar nach seiner Amtszeit aufhören und in die Pension wechseln will. Was er vorhabe? "Das Leben zu genießen, das steht mir mit 67 zu." Fragen nach einer möglichen eigenen Liste bei der Nationalratswahl ließ Karas, der wegen Differenzen mit seiner ÖVP nicht mehr bei der EU-Wahl angetreten war, unbeantwortet.

(APA/Red)

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