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UNO-Warnung: 1,5-Grad-Marke wird sehr wahrscheinlich schon 2028 überschritten

5-06-2024, 17:16

Nach Prognosen der Vereinten Nationen besteht eine 80-prozentige Chance, dass die globale Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2028 vorübergehend 1,5 Grad Celsius übersteigen wird.

"Wir spielen mit unserem Planeten russisches Roulette", warnt UNO-Generalsekretär António Guterres am Mittwoch in einer großen Klima-Rede in New York. "Wir brauchen eine Ausfahrt vom Highway zur Klimahölle."

UNO fordert drastische Maßnahmen gegen den Klimawandel

Der Mai 2024 sei der wärmsten Mai seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen, sagte Guterres. Damit sei den zwölften Monat in Folge ein weltweiter Temperaturrekord verzeichnet worden. Alarmierende Klimaberichte der jüngsten Zeit zeigen nach Überzeugung von Guterres die Notwendigkeit drastischer Maßnahmen auf. Er rief am Mittwoch zu einem Werbe- und Finanzierungsboykott der Industrie auf, die Profite mit fossilen Brennstoffen wie Gas, Öl und Kohle macht. Regierungen sollten Werbung der Branche verbieten, ähnlich wie Tabakwerbung. PR-Agenturen sollten keine Aufträge solcher Firmen mehr annehmen und bestehende Aufträge auslaufen lassen, sagte Guterres bei einer Rede im American Museum of Natural History in New York. Finanzinstitute sollten stattdessen in erneuerbare Energien investieren. Er nannte die Unternehmen der Branche für fossile Brennstoffe "Paten des Klimachaos".

Sie hätten jahrzehntelang Fortschritte in Richtung klimafreundliche Energie blockiert. "Milliarden von Dollar wurden dafür aufgewendet, die Wahrheit zu verdrehen, die Öffentlichkeit zu täuschen und Zweifel zu säen", sagte Guterres. Gleichzeitig hätten solche Firmen mit Billionen an Subventionen aus Steuergeldern Rekordgewinne gemacht. Es sei höchste Zeit, diese Profite mit einer Sondersteuer zu belegen, um Klimaschutzprojekte zu finanzieren.

Guterres regte auch die Einführung von Abgaben bei Schifffahrt, Luftverkehr und Brennstoffindustrie an, um mehr Geld für die Transformation zu nachhaltiger Energie in ärmeren Ländern zu haben. Die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20), die 80 Prozent der weltweiten klimaschädlichen Emissionen erzeugen, müssten am meisten tun und ärmeren Ländern sowohl Technologien als auch Finanzhilfen geben. Guterres verglich den Einfluss der Menschen auf die Erderwärmung mit dem "Meteoriten, der die Dinosaurier ausgelöscht hat".

Klimawandel macht sich immer deutlicher bemerkbar

Allein im vergangenen Jahrzehnt (2014 bis 2023) stieg die Temperatur durch Aktivitäten des Menschen dem IGCC-Report zufolge um rund 0,26 Grad. Das sei ein Rekord bei der Aufzeichnung mit Messgeräten, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreiche, berichtet die Gruppe um Piers Forster von der Universität Leeds im Journal "Earth System Science Data". Ein Jahrzehnt zuvor (2004 bis 2013) waren es nach Angaben der Universität rund 0,20 Grad.

Dem Report zufolge darf der Mensch grob noch 200 Milliarden Tonnen CO2 produzieren, um die Erderwärmung auf längere Sicht auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das entspreche etwa den aktuellen Emissionen von fünf Jahren. Allerdings ist die Spanne nach Angaben der Universität Leeds hoch und reicht von 100 bis 450 Milliarden Tonnen.

1,5-Grad-Marke im Mai überschritten

Allein im vergangenen Jahrzehnt (2014 bis 2023) stieg die Temperatur durch Aktivitäten des Menschen dem "Indicators of Global Climate Change"-Report (IGCC) zufolge um rund 0,26 Grad. Das sei ein Rekord bei der Aufzeichnung mit Messgeräten, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreiche, berichtet die Gruppe um Piers Forster von der Universität Leeds im Journal "Earth System Science Data". Ein Jahrzehnt zuvor (2004 bis 2013) waren es nach Angaben der Universität rund 0,20 Grad. Dem Report zufolge darf der Mensch grob noch 200 Milliarden Tonnen CO2 produzieren, um die Erderwärmung auf längere Sicht auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das entspreche etwa den aktuellen Emissionen von fünf Jahren. Allerdings ist die Spanne nach Angaben der Universität Leeds hoch und reicht von 100 bis 450 Milliarden Tonnen.

Mit dem Mai war jeder einzelne der zurückliegenden zwölf Monate einer, in dem die globale Durchschnittstemperatur einen Rekordwert für den jeweiligen Monat erreichte, wie der EU-Klimawandeldienst Copernicus mitteilte. Im Vergleich zum Zeitraum 1850 bis 1900, der vorindustriellen Referenzperiode, war der Mai demnach 1,52 Grad wärmer. Die gemittelte globale Temperatur der vergangenen zwölf Monate - von Juni 2023 bis Mai 2024 - erreichte ebenfalls einen Höchstwert: Sie lag 1,63 Grad über dem vorindustriellen Niveau - also für den Zeitraum eines Jahres über der 1,5-Grad-Schwelle. Die Copernicus-Erkenntnisse beruhen auf computergenerierten Analysen, in die Milliarden Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einfließen. Die Daten reichen nach Angaben einer Sprecherin bis in die 1940er-Jahre zurück. Durch Vergleiche mit älteren Datensätzen könne noch weiter zurückgerechnet werden.

2023 bereits knapp unter 1,5-Grad-Marke

Die Weltwetterorganisation WMO rechnet inzwischen fest damit, dass die 1,5 Grad-Schwelle der Erderwärmung schon in den nächsten fünf Jahren auch für ein konkretes Jahr, also von Jänner bis Dezember, mindestens einmal überschritten wird. Erstmals über einen Zeitraum von zwölf Monaten durchschnittlich über 1,5 Grad verglichen zum vorindustriellen Zeitalter hatte der Wert bereits im Jänner gelegen (Februar 2023 bis Jänner 2024).

Bisher war von Jänner bis Dezember gerechnet 2023 das heißeste Jahr seit der Industrialisierung, mit einer globalen Durchschnittstemperatur, die nach Daten der WMO 1,45 Grad über dem Durchschnitt von 1850 bis 1900 lag. Die Wahrscheinlichkeit, dass die globale Durchschnittstemperatur in einem der Jahre von 2024 bis 2028 mehr als 1,5 Grad über dem Niveau von 1850 bis 1900 liegt, betrage 80 Prozent, hieß es von der WMO. Für die gesamte Fünf-Jahres-Periode liege das Risiko bei 50 Prozent, dass sie über 1,5 Grad liegt.

Das Ziel, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, stammt aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015. Darin geht es allerdings um die Durchschnittstemperatur über längere Zeiträume, nicht einzelne Jahre. Insofern wäre das Ziel mit kurzzeitigen Überschreitungen noch nicht verfehlt. Eine formell vereinbarte Definition, was eigentlich genau als Überschreiten des 1,5-Grad-Ziels gewertet wird, gibt es allerdings nicht. Viele Klimaexperten gehen davon aus, dass die 1,5-Grad-Schwelle ohnehin längst nicht mehr zu halten ist.

IGCC-Bericht warnt: Trend des Klimawandels bleibt

Zu berücksichtigen ist bei den gemeldeten Rekordwerten und Entwicklungen, dass zuletzt Sondereffekte wie das erwärmend wirkende natürliche Klimaphänomen El Niño eine größere Rolle spielten. Im IGCC-Bericht heißt es zudem, der Anstieg sei einerseits auf den hohen Treibhausgas-Ausstoß zurückzuführen, andererseits sei die Menge an kühlenden Aerosolen in der Atmosphäre gesunken. Beispielsweise war infolge einer neuen Verordnung für sauberere Schiffskraftstoffe der Gehalt an Sulfat-Aerosolen stark zurückgegangen.

Auch wenn also - etwa durch das Nachlassen von El Niño - nicht stetig weiter neue Rekorde folgen werden: Der Trend des menschengemachten Klimawandels bleibt, solange weiter Treibhausgase erzeugt werden. Copernicus-Direktor Carlo Buontempo betonte: "Zwar wird diese Abfolge von Rekordmonaten irgendwann unterbrochen werden, doch die allgemeine Signatur des Klimawandels bleibt bestehen, und es ist keine Änderung dieses Trends in Sicht."

Die Autoren des IGCC-Berichts führen Hinweise an, "dass sich der Anstieg der CO2-Emissionen im vergangenen Jahrzehnt im Vergleich zu den 2000er-Jahren verlangsamt hat". Je nachdem, welche Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden, könnte das aktuelle Jahrzehnt eine Umkehr einiger Werte bringen.

UNO-Generalsekretär Guterres fordert rasches Handeln

Guterres sagte, die Menschen hätten es in ihrer Hand, das Ruder noch herumzureißen. Dafür müsse aber in den kommenden 18 Monaten deutlich mehr Klimaschutz umgesetzt werden. Diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen, seien am stärksten von den Folgen betroffen. Aber nur 15 Prozent der Investitionen in erneuerbare Energien gingen in Entwicklungsländer außerhalb Chinas.

"Wir können eine Zukunft nicht akzeptieren, in der die Reichen in klimatisierten Blasen geschützt sind, während der Rest der Menschheit von tödlichem Wetter in unbewohnbaren Ländern heimgesucht wird", sagte er.

(APA/Red)

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