Die kommende Woche hat die Europawahl 2024 im Gepäck. Im Vorfeld ein Blick auf die verschiedenen Parteien.
ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS werden wohl sicher erneut ins EU-Parlament einziehen. Geht man nach den Umfragen, so hat die FPÖ die besten Chancen auf Platz eins. Das wäre eine Premiere, denn seit dem EU-Beitritt 1995 standen immer ÖVP oder SPÖ ganz vorne. Neben den im EU-Parlament vertretenen Parteien kandidiert auch wieder die KPÖ, ebenso die neu gegründete Liste DNA. Im Folgenden ein Überblick über die Ausgangslage.
ÖVP Titelverteidiger bei EU-Wahl
Die ÖVP geht nach ihren ersten Plätzen bei den EU-Wahlen 2009, 2014 und 2019 nun zum dritten Mal in Folge als Titelverteidiger ins Rennen. Die Chancen, wieder als Erste durchs Ziel zu gehen, sind laut den Meinungsforschern eher gering. Denn mit aktuellen Umfragewerten um die 22 Prozent (2019: Rekord-Ergebnis von 34,55 Prozent) dürfte es für die Türkisen weit hinter der FPÖ eher um Platz zwei gegen die SPÖ gehen. Spitzenkandidat Reinhold Lopatka, der erstmals für die ÖVP ins Rennen geht, hielt sich mit dem Benennen konkreter Wahlziele zurück.
Im Wahlkampf warnte Lopatka mit Blick auf die FPÖ und rechte Parteien in Europa vor einer Zerstörung der EU, warb gleichzeitig mit eher rechten Positionen wie mehr Außengrenzschutz, beim Klimathema pochte er auf die ÖVP-Forderung, die Verbrennertechnologie im Automobilbau weiter zu verfolgen und plädierte für Maßnahmen mit "Hausverstand". Auch für weniger "Überregulierung" trat die ÖVP ein, hob aber gleichzeitig die Bedeutung der Europäischen Union als Friedensprojekt hervor. Teils legte die Volkspartei ihren Wahlkampf auch recht regional an: "In Brüssel zählt für mich nur eines: Oberösterreich", lautete etwa ein Slogan der Listenzweiten Angelika Winzig. Auch in Wien setzte die ÖVP teils auf Regionales: "Wien stärken. In Europa", ist auf einem Plakat zu lesen. Anfang April hieß es beim Start von Lopatkas Bundesländertour ungeachtet der mageren Umfragewerte noch, erklärtes Ziel sei, dass die ÖVP stärkste Partei bleibt. Bei den bisher sechs EU-Wahlen seit dem Beitritt konnte die ÖVP insgesamt vier Mal Platz eins erzielen - neben den letzten drei Urnengängen entschied die Volkspartei auch die erste von 1996 für sich. 1999 und 2004 kam man - jeweils hinter der SPÖ - auf Platz zwei zu liegen.
SPÖ sprach von "Richtungsentscheidung"
Die SPÖ kann - nach ihrem Ergebnis von 2019 mit 23,89 Prozent - laut den Umfragedaten ebenfalls wohl nur auf den zweiten Platz hoffen und das im Kampf mit der ÖVP: Umfragewerte deuten auf ein Ergebnis zwischen 22 und 24 Prozent hin. Spitzenkandidat Andreas Schieder, der bereits zum zweiten Mal seine Partei in die EU-Wahl führt, sprach von einer "Richtungsentscheidung" und warnte vor der Gefahr für die Demokratie aufgrund der "sozialen Spaltung unserer Gesellschaft" sowie vor einem drohenden Rechtsruck. Etwas Aufhorchen ließ er mit dem SPÖ-Motto "Europa first, statt Made in China": Es gelte, in den Standort zu investieren, betonte der SPÖ-Spitzenkandidat. Auch versuchte sich die SPÖ ein wenig am Klimathema: Der schwarz-grünen Koalition warf Schieder etwa das Fehlen des Nationalen Energie-und Klimaplans vor.
In Richtung FPÖ kritisierte Schieder den "Freundschaftsvertrag" zwischen den Freiheitlichen und Putins Partei "Einiges Russland", gleichzeitig betonte er, dass sich die Europäische Union im Nahost-Konflikt zur Lösungsfindung stärker einbringen müsse. Die österreichische Neutralität sei sehr wertvoll und solle auch weiter bestehen, doch bedeute das nicht, "dass wir wegschauen". Für die von Russland angegriffene Ukraine fordere er daher "volle humanitäre Hilfe" sowie "volle politische Unterstützung". Die SPÖ konnte bisher zweimal Platz eins bei EU-Wahlen erobern (1999 und 2004). Bei der ersten Wahl 1996 mit österreichischer Beteiligung sowie den drei jüngsten Wahlen lag sie stets hinter der ÖVP auf Rang zwei.
FPÖ bei EU-Wahl vorne?
Die FPÖ kann - nach ihrer Ibiza-bedingten Wahlschlappe von 2019 mit nur 17,20 Prozent - jedenfalls mit Zugewinnen rechnen. Laut den Umfragen haben die Freiheitlichen sogar gute Chancen auf Platz eins - und das mit Abstand auf SPÖ und ÖVP: Laut aktuellen Erhebungen würden die Blauen auf 26 bis 30 Prozent kommen. Spitzenkandidat Harald Vilimsky führt die Partei bereits zum dritten Mal in die Wahl. Als Wahlziel nannte er "je mehr, desto besser". Wichtiger sei jedoch ein internationales Bündnis "freiheitlicher, mitte-rechts und konservativ denkender Politiker" im EU-Parlament. Diesbezüglich gab es mit dem Skandal rund um den deutschen AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah, den die FPÖ Mitte Februar noch zu einer Diskussionsveranstaltung nach Wien geladen hatte, einen kleinen Dämpfer: Nach Aussagen Krahs, wonach nicht jeder SS-Mann ein Verbrecher gewesen sei, wurde die AfD am 23. Mai aus der EU-Rechtsfraktion ID, der auch die FPÖ angehört, ausgeschlossen. Die FPÖ stimmte für einen Ausschluss Krahs, nicht aber für den der gesamten AfD-Delegation. Auf die Umfragewerte hatte das keinen Einfluss.
Für Aufsehen sorgte auch ein Wahlplakat der FPÖ, das einen "EU-Wahnsinn" beklagte und auf dem unter anderem eine sehr herzliche Begrüßung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu sehen ist - unter dem Schlagwort "Kriegstreiberei". Auch warnte Vilimsky davor, dass der Umstieg auf die Elektromobilität eine "Atomgefahr" mit sich bringen würde: Denn der Energiebedarf wäre dann nur mehr über Atomkraft sicherzustellen, meinte er. Ein Medienbericht des "Falter" von Ende Mai, laut dem die FPÖ im April 2023 (gemeinsam mit der AfD) im EU-Parlament einen Abänderungsantrag zum Thema Energiewende in Nordmazedonien einbrachte, in dem die "Hinwendung zu nuklearen Energielösungen" gefordert wurde, fand medial kaum Beachtung. Bisher schnitt die FPÖ bei EU-Wahlen meist schwächer ab als bei Nationalratswahlen, beste blaue Platzierungen waren bisher vier Mal der dritte Rang (1996, 1999, 2014, 2019). 2009 ging sich nur Platz vier aus, 2004 nur Platz fünf - beide Male trat Hans-Peter Martin mit einer eigenen Liste an und kam auf Platz drei. Für heuer erwarten die Meinungsforscher einen höheren Mobilisierungsgrad der grundsätzlich eher EU-skeptischen blauen Wählerschaft.
Schilling nannte "500.000 Stimmen für den Klimaschutz" als Ziel
Die Grünen durften mit ihrer Spitzenkandidatin Lena Schilling laut den Umfragen zunächst hoffen, ihrem Ergebnis von 2019 (14,08 Prozent) nahezukommen. Die Erhebungen sahen die Öko-Partei bis Mitte Mai bei 12 bis 14 Prozent. Als Wahlziel nannte Spitzenkandidatin Lena Schilling "500.000 Stimmen für den Klimaschutz". 2019 bedeuteten die 532.193 erlangten Stimmen 14,1 Prozent Stimmanteil. Auch das Halten der aktuell drei Mandate gilt als grünes Vorhaben.
Dieses Ziel dürfte mit dem Aufkommen der ab dem 7. Mai (von der Tageszeitung "Standard") veröffentlichten Vorwürfe gegen Schilling etwas ins Wanken geraten sein. Neben Vorkommnissen, die den privaten Bereich betreffen, sah sich Schilling unter anderem auch mit der Vorhaltung konfrontiert, wonach sie überlegt habe, nach der Wahl zur Linksfraktion zu wechseln. Letzteres wies sie scharf zurück und konterte mit der Beantragung der Parteimitgliedschaft bei den Grünen. In den Umfragewerte spiegelte sich die Debatte ab Mitte Mai wider, seitdem liegen die Grünen zwischen neun und 13 Prozent. Inhaltlich setzte Schilling ihre Schwerpunkte auf den Ausstieg aus fossiler Energie, auf die Mobilitätswende und Klimawandelanpassung bei gleichzeitiger sozialer Gerechtigkeit. Bisher kam die Öko-Partei fünf Mal auf Platz vier zu liegen, einmal (2009) auf Platz fünf.
Plus für NEOS bei EU-Wahl?
Die NEOS dürften den Wiedereinzug locker schaffen. 2019 kamen die Pinken auf 8,44 Prozent. Umfragen attestierten den Liberalen zunächst einen Zuwachs auf etwa 10 bis 13 Prozent, was vor allem angesichts der mageren Ergebnisse bei den Salzburger und Innsbrucker Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen ein deutliches Lebenszeichen bedeuten würde. Seit Mitte Mai liegen die Pinken laut Umfragen mit Werten zwischen zehn und 15 Prozent noch einmal besser. Spitzenkandidat Helmut Brandstätter gab sich zuversichtlich, das Wahlziel der Verdoppelung des derzeit einen Mandats auf zwei zu erreichen.
Inhaltlich setzten die NEOS auf das Alleinstellungsmerkmal des deutlichsten pro-europäischen Kurses, plakatierten den Slogan "Vereinigte Staaten von Europa" und Brandstätter sprach sich für die Idee einer eigenen EU-Armee aus. Angetreten waren die NEOS bisher zwei Mal: 2014 und 2019 erreichten sie jeweils den fünften Platz.
DNA gelang Sprung auf Stimmzettel
Die coronamaßnahmenkritische Liste DNA (Demokratisch - Neutral - Authentisch) schaffte die für den Sprung auf den Stimmzettel nötige Hürde von mehr als 2.600 Unterstützungserklärungen. Bereits im Februar hatte die als Aktivistin gegen die -Maßnahmen bekannt gewordene Grazer Medizinerin Maria Hubmer-Mogg angekündigt, kandidieren zu wollen. Gefordert wird unter anderem eine unabhängige Untersuchung der Coronapolitik, eine Ablehnung des geplanten Pandemievertrags der WHO sowie ein Ende der Russland-Sanktionen. Laut Umfragen hat die Liste mit Werten zwischen ein und zwei Prozent so gut wie keine Chance auf den Einzug. Hubmer-Mogg übte sich in Medienkritik und sah sich als von den Medien "ignorierte Spitzenkandidatin".
"Wohnen statt Kanonen"
Die Kommunisten befinden sich aktuell im "Höhenflug" - haben sie doch bei den Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen in Salzburg und Innsbruck zuletzt überraschend starke Ergebnisse eingefahren. Nach dem Ergebnis von 2019 mit nur 0,80 Prozent zeigen die aktuellen Umfragedaten (zwischen zwei und vier Prozent) den derzeitigen Höhenflug der Partei: "Zum ersten Mal gibt es die halbwegs realistische Chance, dass wir einziehen", sagte auch Spitzenkandidat Günther Hopfgartner beim Wahlkampfauftakt. Inhaltlich stellte die KPÖ die Themen Krieg und Frieden in den Mittelpunkt. In der EU orten die Kommunisten eine "Kriegslogik", diese müsse einer "Friedenslogik" weichen, so die Forderung Hopfgartners. Zum Einsatz kam etwa der Slogan "Wohnen statt Kanonen".