Den rechtspopulistischen und EU-skeptischen Parteien werden bei der in Umfragen starke Zugewinne vorhergesagt.
Den rechtspopulistischen und EU-skeptischen Parteien werden bei der in Umfragen starke Zugewinne vorhergesagt.
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, deren "Brüder Italiens" (FdI) künftig eine der größten Delegationen im EU-Parlament stellen wird, spricht bereits offen von "einer anderen Regierungsmehrheit" in der EU, bestehend aus der Europäischen Volkspartei (EVP), europaskeptischen und rechtspopulistischen Kräften. Bisher wurde die EU-Politik von einer informellen Allianz aus den pro-europäischen Parteien EVP, den Sozialdemokraten (S&D) sowie den Liberalen (Renew) bestimmt. Im Ringen um ihre Wiederwahl hat die aus der EVP kommende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Fühler in Richtung Meloni ausgestreckt, die wiederum eine Kooperation mit der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen (Rassemblement National) plant. Diese ist aktuell mit der FPÖ verbündet, der wahrscheinlichen Siegerin der EU-Wahl in Österreich.
Bas sagte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Sobotka auf eine entsprechende Frage der APA, sie stelle es sich schwierig vor, "europaskeptische Parteien für Europa von innen zu begeistern". Man müsse zunächst das Votum der Bürgerinnen und Bürger abwarten. Dann müsse "man sehen, mit welchen europafreundlichen Kräften man zusammenarbeiten kann und ob man sie integrieren kann". Dies müssten die gewählten Europaabgeordneten entscheiden.
Sobotka kritisierte mit Blick auf die europaskeptischen Parteien, dass man nicht in ein Parlament gehen könne und dieses "im gleichen Atemzug schlecht reden" könne. Extreme Parteien würden deshalb zulegen, weil Europa "zu komplex" und "in der Bürokratie zu artifiziell" geworden sei. Diese Lehre gelte es zu ziehen, doch brauche es nichtsdestotrotz "ein Mehr an Europa". Das österreichische Parlament, das nationale Rechte an die EU abgetreten habe, werde sich künftig "nur committen (verpflichten, Anm.), wenn es eine pro-europäische Haltung ist, die zum Ausdruck kommt", unterstrich der ÖVP-Politiker.
Die seit Ende 2021 amtierende Bundestagspräsidentin war am Montag zu ihrem ersten Besuch nach Österreich gekommen. Sie zeigte sich beeindruckt vom erneuerten Parlamentsgebäude, aber auch von der Informationsarbeit im Demokratikum. "Das sind wirklich Räume, die modern sind, die schick sind, die wirklich neugierig machen. Vom Demokratikum können wir uns einige gute Ideen abschauen", sagte die Hausherrin im Bundestag, der mit 1,85 Millionen Besuchern zu den meistbesuchten Parlamentsgebäuden der Welt zählt.
Sobotka und Bas beklagten in ihren Statements die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung und warnten, dass Demokratie nichts Selbstverständliches sei. Der Nationalratspräsident setzte diesbezüglich auch einen Seitenhieb auf die FPÖ, ohne sie zu nennen. "Es ist unstatthaft, wenn man Parteien als Systemparteien deklariert", kritisierte er wiederholte Versuche, "Anklänge an die Zeit der Nazidiktatur hereinzuholen" und damit die Gesellschaft zu spalten. Bas sagte, dass mittlerweile nicht nur Politiker tätlich angegriffen werden, sondern auch Ehrenamtliche wie Sanitäter oder Feuerwehrleute. "Wir müssen uns jeden Tag aufs neue um unsere Demokratie bemühen", forderte sie. Die Parlamente seien als "Scharnier zu den Bürgerinnen und Bürgern" diesbezüglich in einer besonderen Verantwortung.
Während Sobotka die Gefahren durch Künstliche Intelligenz und Antisemitismus hervorhob und Bas zu einer Antisemitismus-Konferenz am 11. September einlud, brach seine deutsche Amtskollegin eine Lanze für die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre in Deutschland. Dies würde die Demokratiebildung in den Schulen fördern, aber auch die Agenda der Parteien stärker zu "jungen Themen" verschieben, erläuterte sie. Derzeit sei der Altersschnitt im Bundestag so, dass man sich überproportional mit "Rentenpolitik" beschäftige, während es den Jungen in der Klimapolitik zu langsam gehe. Bas wies darauf hin, dass bei der Europawahl in Deutschland erstmals schon ab 16 gewählt werden könne. Bei nationalen Wahlen ist das Wahlalter hingegen weiterhin bei 18 Jahren. Österreich hat das Wahlalter bereits vor eineinhalb Jahrzehnten auf 16 Jahre gesenkt, dabei allerdings die Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre verlängert.
(APA/Red)