In der letzten Sitzung des Nationalrats vor der Europa-Wahl ermöglichte eine "Dringliche Anfrage" der NEOS den Parteien, ihre EU-Positionen zu präsentieren. Dabei variierten die Bekenntnisse zur EU in ihrer Intensität. Die eigentlich im Fokus stehende Debatte um einen möglichen "Öxit" fand jedoch bei keiner Fraktion Anklang.
NEOS-Fraktionsvorsitzende Beate Meinl-Reisinger appellierte an die Freiheitlichen, ihren "Wahnsinn" einer "Öxit-Zündelei" einzustellen. Sie wirft der FPÖ vor, ein "perfides Spiel" zu betreiben, bis Europa erneut zerstört sei, "wir in arme Nationalstaaten zurückfallen" und sich der russische Präsident Wladimir Putin darüber erfreue: "Schämen sollten Sie sich, FPÖ."
FPÖ sieht reden über "Öxit" nur bei anderen Parteien
Das wollten die Freiheitlichen so nicht auf sich sitzen lassen. Ihre EU-Kandidatin Petra Steger replizierte, dass nicht die FPÖ sondern die NEOS und andere Parteien ständig vom "Öxit" redeten. Die FPÖ wolle nur, dass sich die EU auf die wesentlichen Fragen wie Sicherheit, Frieden und Wohlstand konzentriere. Dabei habe die Union gerade bei letzterem Punkt versagt: "Die EU sorgt nicht mehr für Wohlstand sondern sie vernichtet ihn." Konkret meinte Steger damit vor allem Wettbewerbsfähigkeit und Industrie. Mitverantwortlich dafür machte sie wie gewohnt die Bekämpfung der Corona-Pandemie.
NEOS-Kritik auch an ÖVP
Doch die NEOS als Antragssteller wollten auch die ÖVP nicht aus der Verantwortung lassen. Meinl-Reisinger erkannte in der Volkspartei die Tendenz, nationalistische und populistische Spielchen die Union betreffend zu betreiben. Darüber, dass die ÖVP Österreich zum Weltmarkt-Führer bei Verbrenner-Motoren machen wolle, machte sie sich bitter lustig. Was komme als nächstes, das Ziel Österreich zum Weltmarkt-Führer bei Faxgeräten oder Pferdekutschen zu machen?
ÖVP-Ärger über NEOS
Das ärgerte ÖVP-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka sichtlich. Den größten Teil seiner Redezeit verwendete er darauf zu unterstreichen, dass die Volkspartei "einen technologieoffenen Zugang" habe. Der Anteil des Verbrenners an den Klimaproblemen sieht er in einem Bereich von unter einem Prozent: "Das ist Ihre Heilige Kuh." Er sei nicht gegen den "Green Deal", aber in den kommenden fünf Jahren müsse man wieder mehr für den Industrie- und Wirtschaftsstandort tun.
Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) hatte davor in der Beantwortung der "Dringlichen" einen Austritt Österreichs aus der Union als absurd dargestellt: "Nur jemand, der nicht bei Trost ist, wird einen Öxit verlangen." Ob in diesem Fall der von den NEOS vermutete Verlust von knapp 700.000 verlorenen Arbeitsplätzen drohe, hänge von den Szenarien ab. Nehme man ein negatives her, erscheine die Zahl realistisch.
Europa braucht mehr Leidenschaft
Bekenntnisse zu Europa kamen auch von SPÖ und Grünen, und die Redner beider Parteien sahen ihre jeweilige Liste als Garantin für ein sozialeres Europa. Einig war man sich, dass es mehr Leidenschaft bedarf: "Es muss ein Europa werden, das den Menschen das Gefühl gibt, ich bin stolz darauf und es hilft mir, dass ich Bürger der EU bin", meinte etwa SP-Klubvize Jörg Leichtfried. Grünen-Mandatarin Ewa Ernst-Dziedzic will auf identitätsstiftende Zusammenarbeit setzen. Nur so werde es gelingen zu verhindern, Wohlstand und Sicherheit zu verlieren. Ohne Zusammenhalt wäre Europa isoliert in der Welt. NEOS-EU-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter betonte: "Wir müssen halt auch etwas dafür tun, dass die Menschen von den Vorteilen Europas hören." Er setze da auch auf die Jungen, bei denen die Zustimmung zur EU höher sei als bei älteren Semestern.