Gastkommentar von Johannes Huber. Der Chef der Bierpartei hat Chancen, in den Nationalrat einzuziehen. Seine Ziele bleiben schleierhaft. Genau das ist jedoch sein Erfolgsrezept.
Keine Frage, der Mann ist ein Phänomen. Bei einer Bürgermeister-Direktwahl würde Dominik Wlazny in Wien mit 17 Prozent auf Platz zwei landen - hinter dem sozialdemokratischen Amtsinhaber Michael Ludwig (51 Prozent) bzw. vor dem freiheitlichen Kandidaten Dominik Nepp (15 Prozent), dem türkisen Harald Mahrer und dem pinken Christoph Wiederkehr (jeweils sechs Prozent) sowie der grünen Judith Pühringer, die sich mit nur einem Prozent begnügen müsste.
Das hat eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „Unique Research“ für die Gratiszeitung „Heute“ im vergangenen Herbst ergeben. Auch bei einer richtigen Wahl ist Wlazny in Wien schon auf dem zweiten Platz gekommen. Als es vor eineinhalb Jahre um den Bundespräsidenten ging, genügten 10,7 Prozent dafür, zumal Alexander Van der Bellen über 65 und FPÖ-Herausforderer Walter Rosenkranz nur 10,4 Prozent erreichte.
Jetzt will es der 37-Jährige (Künstlername: Marco Pogo) bei der Nationalratswahl Ende September wissen. Den Sprung ins Hohe Haus könnte er schaffen. Der Zuspruch ist groß. Bloß: Wenn man davon ausgeht, dass es ihm nicht (ausschließlich) um die Befriedigung persönlicher Interessen geht, bleibt die Frage, was er in der Politik überhaupt will.
Seine Bierpartei, die im Grunde genommen er allein ist, bezeichnet sich als unabhängige, unverbrauchte Reformbewegung. Unverbraucht und unabhängig ist sie, soweit man das bisher beurteilen kann. Aber eine Reformbewegung? Inhaltlich liegt wenig vor. Sätze wie jene, wonach die eigenen vier Wände genauso leistbar bleiben müssten wie das Einkaufswagerl, oder dass es Bildungsgerechtigkeit für alle geben solle, sind schön und gut, aber nicht besonders originell. Sie könnten auch von anderen Parteien sein. Wichtiger: Wie Wlazny all das bewerkstelligen möchte, bleibt offen.
Vielleicht ist jedoch genau das die Masche: Oberflächlichkeit. Wlazny liefert keine Reformkonzepte, sondern wirft allenfalls Fragen auf. Zum Beispiel: „In der Verfassung steht: Wir müssen uns selbst verteidigen. Können wir das?“ Ja: Können wir das? Spannend wäre die Antwort, relevant wären Schussfolgerungen. Doch Wlazny präsentiert sie nicht. Damit erspart er sich Debatten, damit kann er niemanden enttäuschen.
Früher oder später läuft er so jedoch Gefahr, zu scheitern: Sollte er in den Nationalrat kommen und gleich einmal zu Koalitionsverhandlungen eingeladen werden, braucht er konkrete Forderungen, damit über irgendetwas verhandelt werden kann; und damit er Prioritäten setzen und entscheiden kann, wo er eher und wo er weniger zu Kompromissen bereit sein könnte.
Umgekehrt wäre das auch relevant für die Wählerinnen und Wähler der Bierpartei: Sie wissen nicht, was sie bekommen. Das kann man so sagen, weil Wlazny in den paar Monaten bis zu Wahl kaum ein detailliertes Programm, das er es bisher schuldig geblieben ist, zustande bringen wird.
Andererseits sollte man folgendes nicht übersehen: Sehr viele Wienerinnen und Wiener dürften ihn unterstützen, weil sie von derzeitigen Politikerinnen und Politikern enttäuscht sind; weil er einfach unverbraucht und kein Politiker ist. Weil er es glaubwürdig gut meint und im Unterschied zu den Freiheitlichen von Herbert Kickl kein System zerschlagen möchte. Sie finden kein wählbares Angebot mehr vor. Sie brauchen Wlazny, um zumindest noch wählen zu gehen. Entscheidend ist für sie, dass er schlicht nicht so ist wie die bekannten Politikerinnen und Politiker – das reicht ihnen.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik.