Gastkommentar von Johannes Huber. Nicht allfällige Affären können dem FPÖ-Chef gefährlich werden bei der Nationalratswahl, sondern etwas ganz anderes.
Wie ist das jetzt mit FPÖ-Chef Herbert Kickl und der „Ideenschmiede“, einer Kärntner Werbeagentur, die in eine Affäre verwickelt war (in den 2010er Jahren soll sie Landesaufträge erhalten und dafür einen Teil der Auftragssumme an die damaligen Landes-Freiheitlichen überwiesen haben)? Wie ist das jetzt mit Kickl, den Freiheitlichen und Russland? Kickl sieht eine „Dreck- und Sudelkampagne“ gegen sich und seine Partei laufen, er weist sämtliche Anschuldigungen zurück.
Sind er und die FPÖ wirklich nur Opfer? Man muss vorsichtig sein: Es gibt Dinge, die müssen aufgeklärt werden. Von gesamtstaatlichem Interesse sind insbesondere die Beziehungen zu Russland. Auf der anderen Seite gibt es Dinge, die politisch aufgeladen sind. Bei denen es auch darum geht, Kickl im Hinblick auf die Nationalratswahl Ende September zu schaden. Gelingen wird das jedoch kaum.
Es ist Kickl zumutbar, dass man seine Vergangenheit genauso unter die Lupe nimmt wie den Freundschaftsvertrag seiner Partei mit der Partei von Wladimir Putin; oder jede Korrespondenz zwischen einem Ex-Funktionär und (letzten Endes) dem russischen Geheimdienst. Das ist im Grunde genommen auch in seinem Sinne, weil es Klarheit schafft.
Sollte jemand glauben, dass man Kickl so um einen Wahlerfolg bringen kann, ist das - Stand heute - jedoch ein Irrtum. Man kann ihm, der gegen „das System“ wettert, nicht einmal etwas anhaben, obwohl er die meiste Zeit seines bisherigen Lebens als Politiker in diesem System tätig ist, ja laut „Tagespresse“ in Form von üppigen Gehältern schon über 2,7 Millionen Euro darin kassiert hat.
Warum? Weil Kickl folgendes stark macht: In Teilen der Bevölkerung herrschen Wut und Frustration über Regierende vor. Sie sind durch Sebastian Kurz enttäuscht worden, in den sie so große Hoffnungen gesetzt haben. Sie haben das Gefühl, dass man sie bei Corona und jetzt auch in Bezug auf die Teuerung hängen lässt. Da bietet sich Kickl als derjenige an, der Rache übt.
Das nehmen 20, 30 Prozent der Wähler gerne an. Sie erwarten sich nicht, dass Kickl besser ist. Sie gehen nur davon aus, Regierende durch ihn abstrafen zu können.
Unangreifbar, ja für politische Mitbewerber unbesiegbar ist er deswegen nicht. Seine Schwäche ist, dass er sich nur dafür anbietet, ein „System“, im Grunde genommen also Demokratie und Rechtsstaat, zu zertrümmern. Dass es neben seinem destruktiven Zugang auch einen gibt, der in den Augen nicht weniger Menschen konstruktiv ist und für eine bessere Politik steht. Zum Beispiel der Zugang von Kay-Michael Dankl, der nicht gewählt wird, weil er ein Kommunist ist, sondern weil er sich um Wohnungsnöte kümmert. Damit hat er bei der jüngsten Gemeinderatswahl in Salzburg ganze 23 Prozent erreicht. Und zwar auch auf Kosten der Freiheitlichen. Das ist für Kickl eine Warnung: Einer wie Dankl auf Bundesebene – und es ist alles nicht mehr so einfach für ihn.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analyse und Hintergründe zur Politik