Die SPÖ stellt nach Worten ihres Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, Andreas Schieder, den Anspruch auf den nächsten von Österreich entsendeten EU-Kommissar.
"Es ist nicht hinnehmbar, dass die ÖVP die ganze Zeit die Kommissare gestellt hat in diesem Land", sagte Schieder am Dienstag in einem Gespräch mit der "Vereinigung der Europajournalisten und Europajournalistinnen" (AEJ) und dem Verband der Auslandspresse in Wien. "Es wäre mal Zeit, dass wir den Kommissar stellen."
Regierung nominiert EU-Kommissar
Der EU-Kommissar wird von der Bundesregierung nominiert und bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates. Inoffiziell gilt bisher Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) als mögliche EU-Kommissarsanwärterin. Der EU-Spitzenkandidat der FPÖ, Harald Vilimsky, forderte zuletzt einen blauen EU-Kommissar "für Remigration" - damit bezeichnen Rechtsextreme die massenhafte Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund.
Das Team für die nächste EU-Kommission wird vom designierten EU-Kommissionschef zusammengestellt. Die vorgeschlagenen Kommissare müssen sich Anhörungen im Europaparlament stellen und die gesamte EU-Kommission bedarf der Zustimmung des EU-Parlaments. Alle bisherigen österreichischen EU-Kommissare seit dem EU-Beitritt 1995 - Franz Fischler, Benita Ferrero-Waldner und Johannes Hahn - kamen aus der ÖVP.
Schieder: EU-Wahl "große Richtungsentscheidung"
Schieder bezeichnete die als "große Richtungsentscheidung", vor allem bezüglich der Frage, ob es den Rechten gelinge, "Sand ins Getriebe des europäischen Projekts zu werfen" oder Europa für künftige Herausforderungen fit zu machen. Den Ansturm der Rechten, die teilweise vom Kreml finanziert würden, sowie die Desinformation nannte Schieder als eine von drei "Gefahren für die Demokratie". Die zweite käme von den großen Internet-Giganten des Silicon Valley, der Künstlichen Intelligenz (KI) und Hassrede, die dritte durch soziale Ungleichheit und die Teuerung.
Sollten es "mögliche Schockwellen" durch Zugewinne der Rechten bei der Europawahl geben, könnten auch mehrere Kommissare von rechten Parteien nach Brüssel entsendet werden, sagte Schieder. Dabei sei die Besetzung der EU-Topjobs noch offen. Es wäre auch möglich, dass sich die EU-Staats- und Regierungschefs nach der Wahl im Juni noch nicht im erste Anlauf einigen würden und der Zeitplan für die Bestellung der nächsten EU-Kommission verzögert wird. Die Europäische Volkspartei (EVP), der auch die ÖVP angehört, sei ein "mangelndes Bollwerk gegen Rechts" so Schieder. Unter ihrem Vorsitzenden Manfred Weber sei die EVP eher "ein Loch in der Brandmauer". Als Beispiel nannte der SPÖ-Spitzenkandidat die Positionierung der Konservativen zu einer Reihe von Gesetzesvorhaben, vom Lieferkettengesetz bis zum Green Deal bis zu Grundrechtsfragen.
Abstimmung mit Fragezeichen
Die Abstimmung im Europaparlament über den EU-und Migrationspakt am morgigen Mittwoch sei offen, so Schieder. Die sozialdemokratische Fraktion sei dafür. Der gemeinsame europäische Ansatz bringe Vorteile und sei "der Anfang, um aus dem Migrationsdilemma herauszukommen. Wenn es scheitert, rückt die Möglichkeit, etwas gemeinsam zu machen, in weite Ferne, dann gewinnen die Karners und Orbans dieser Welt".
Die Sozialdemokraten wollen laut Schieder in der nächsten Legislaturperiode eine weitere Stärkung der sozialen Dimension, eine sozial gerechte Ausgestaltung des Green Deals und den Ausbau der sozialen Säule in der EU. Das EU-Programm SURE könnte etwa in ein permanentes Unterstützungspaket für den Arbeitsmarkt umgewandelt werden, sagte der SPÖ-Spitzenkandidat.