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Antworten auf die Gewaltexzesse

22-03-2024, 09:11

Gastkommentar von Johannes Huber. Volle Härte? Oder viel mehr Integration, aber auch Erziehung? Warum zweiteres im Zusammenhang mit den jüngsten Vorfällen in Wien vernünftiger bleibt.

Minderjährige mit Migrationshintergrund sollen monatelang ein zwölfjähriges Mädchen missbraucht haben. Ein Asylwerber aus Afghanistan hat mutmaßlich drei Frauen getötet. Ein 18-jähriger Syrer wird verdächtigt, am Reumannplatz einen Somalier mit einem Messer attackiert und schwer verletzt zu haben: Das sind nur drei Beispiele für Gewaltexzesse, die sich in ungewohnter Dichte gerade erst ereignet haben.

Was geht hier ab in Wien? Zur Tagesordnung übergehen kann und will niemand. Was alle eint, ist dies: Schwere Körperverletzung, Vergewaltigung oder Mord sind unentschuldbar. Die Antworten sind jedoch unterschiedlich und lassen sich am ehesten so zusammenfassen: Freiheitliche drängen auf mehr Härte gegenüber Tätern, Türkise zeigen sich offen dafür. Sozialdemokraten, Grüne und Neos legen den Fokus eher auf Prävention. Wobei die Bandbreite von einer Ausweitung der Polizeipräsenz an Brennpunkten bis hin zu verstärkter Integration reicht.

Viele von denen, die mehr Härte fordern, verweisen gerne auf die Schweiz. Dort sind schon Kinder ab zehn strafmündig. Nach wie vor wird hierzulande jedoch unterschlagen, dass bei den Eidgenossen erst ab 15-Jährige in Haft kommen. Dass bei Jüngeren, die straffällig geworden sind, „nur“ geschaut wird, was der Staat tun kann, damit der oder die Heranwachsende auf die richtige Bahn zurückfindet. Von Erziehungsmaßnahmen ist diesbezüglich die Rede, nicht von Strafmaßnahmen. Insofern hat dieser Ansatz sogar etwas Linkes an sich.

In Wirklichkeit sind nach den jüngsten Gewaltexzessen drei Dinge naheliegend: Erstens, es zeigt sich, dass es in der Masse der Menschen, die nach Wien zuwandern, einige gibt, von denen Gefahr ausgeht. Woher kommt das? Nicht wenige stammen aus Regionen, in denen Gewalt, die von Männern ausgeht, sowie Krieg herrschen. Nach traumatisierenden Fluchterlebnissen, die dann auch noch dazukommen, werden bei weitem nicht alle entsprechend behandelt. Man steckt sie schon einmal in abgelegene Unterkünfte mit unzureichender Versorgung und lässt sie von Seiten der Politik gerne spüren, dass sie unerwünscht sind. Den Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert man ihnen, solange es nur irgendwie möglich ist.

So geht das nicht. Österreich ist ein entwickeltes Land. Hier haben alle Menschen bestimmt, aber würdig behandelt zu werden. Und nicht in einer Art und Weise, bei der man glauben könnte, es sei das Ziel, Zombies heranzuzüchten.

Zweitens: Immer wieder geht es um unter 18-Jährige mit Migrationshintergrund. Das deutet darauf hin, dass es hier nicht nur integrative, sondern auch erzieherische Defizite gibt. Oft existieren keine Eltern oder ebensolche, die sich nicht nach aufgeklärten Vorstellungen um die Entwicklung ihrer Kinder kümmern. Väter und Mütter, denen egal ist, wenn sie herumlungern und Mist bauen.

Da macht man es sich zu einfach, Eltern in die Pflicht zu nehmen. Da ist es im Interesse aller, wenn der Staat verstärkt eingreift; indem grundsätzlich Kleinkinder in ganztägige Betreuung genommen werden; und indem eine solche auch im Schulalter verpflichtend wird. Im Übrigen könnte man näher darauf eingehen, was die Schweiz mit Kindern macht, die ein Verbrechen begangen haben; wie die ambulanten und auch stationären Betreuungsmaßnahmen dort ausschauen, die das Ziel haben, die gesamte Gesellschaft zu schützen und das betreffende Kind eben auf die richtige Bahn zu bringen.

Drittens: Volle Härte im Sinne von harten Strafen ist kein Selbstzweck. Damit geht auch keine abschreckende Wirkung für potenzielle Nachahmungstäter einher. Ihr Zweck ist, Täter büßen zu lassen. Das kann man bei volljährigen, in der Regel also reifen Personen machen, die wissen, was sie anrichten und daher auch zur Verantwortung gezogen werden können. Aber bei Kindern bis 13? Zumindest bei ihnen sollte man berücksichtigen, dass es sich noch um unreife Persönlichkeiten handelt, die zudem noch formbar sind und ihr Leben erst vor sich haben.

Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik

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