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Kickls Masche

23-02-2024, 08:54

Gastkommentar von Johannes Huber. Der FPÖ-Chef bietet sich als „Volkskanzler“ an, obwohl er eine Mehrheit gegen sich hat. Warum? Es ist leicht erklärt.

Demokratie steht für Vielfalt. Insofern sind Begriffe wie „Leitkultur“, „Normaldenker“ und mehr noch „Volkskanzler“ demokratiefeindlich. Jeder Person steht es frei, zu leben, wie sie möchte. Ausschließlich durch die Verfassung und Gesetze werden Rahmen und Grenzen gesetzt. Unter diesen Umständen sind Politikerinnen und Politiker, die glauben, eine Kultur oder eine andere Vorgabe definieren zu müssen, nicht nur überflüssig, sondern bedrohlich. Es handelt sich um Feinde der Demokratie.

Extrem ist das Ganze bei FPÖ-Chef Herbert Kickl, der nicht aufhört, davon zu reden, dass er „Volkskanzler“ werden möchte. Was heißt das? Dass er sich anmaßt, zu wissen, was „das“ Volk angeblich will. Damit ermächtigt er sich erstens, willkürlich zu tun und zu lassen, was ihm gefällt; und zweitens zu behaupten, dass das den Vorstellungen „des“ Volkes entspreche.

Das Volk sind jedoch viele. Und zwar auch dann, wenn man es auf die knapp siebeneinhalb Millionen österreichischen Staatsangehörigen beschränkt. Oder die sechseinhalb Millionen Wahlberechtigten unter ihnen: Es gibt Linke, Rechte und vor allem solche, die sich in der Mitte sehen. Es gibt Männer und Frauen, die auch gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kind zugestehen, eine Familie zu sein und andere, die das ablehnen. Es gibt Leute, die eine Grundsicherung für alle fordern und andere, die darin eine Hängematte für jene sehen, denen Leistung und Einkommen nicht so wichtig sind.

Im Übrigen gibt es nicht nur Anhängerinnen und Anhänger von Kickl und der FPÖ. Im Gegenteil: Er erreicht in der Kanzler-, sie in der Sonntagsfrage zu einer fiktiven Wahl am kommenden Sonntag eine relative Mehrheit. Eine absolute Mehrheit entfällt jedoch auf andere und ein Teil davon ist wiederum ausdrücklich gegen sie, will weder Kickl als Regierungschef noch die FPÖ als Regierungspartei.

Was heißt das? Es bedeutet nicht, dass sie das nicht werden dürfen. Es heißt lediglich, dass Kickls Anmaßung, wonach er ein Kanzler aller sein würde, eine demokratische Zumutung ist. Dass er andere Parteien und deren Vertreterinnen und Vertreter zumindest respektieren muss. Und dass er sich irgendwann mit denen, die er braucht, um allenfalls an die Spitze der Regierung gelangen zu können, arrangieren muss.

Dass er dennoch bei seinem „Volkskanzler“-Gerede bleibt, ist eine Masche: Sie dient zunächst dazu, die eigenen Reihen zu schließen. Es geht ihm darum, den Eindruck zu erwecken, dass er der einzig Wahre sei. Das bezweckt er auch, wenn er politische Mitbewerber als „Volksverräter“ bechimpft. Es soll die eigenen Anhängerinnen und Anhänger davon abhalten, am Ende vielleicht doch nicht blau, sondern zum Beispiel türkis zu wählen. Zugleich baut er vor: Seinen Vorgängern Jörg Haider und Heinz-Christian Strache hat es eher geschadet, wenn gewarnt worden ist, dass sie Kanzler werden könnten. Er geht das proaktiv an, indem er sich selbstbewusst selbst als „Volkskanzler“ bezeichnet. An der demokratischen Zumutung, die damit einhergeht, ändert das jedoch nichts.

Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik

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