Andreas Schieder geht als Spitzenkandidat der SPÖ in die EU-Wahl am 9. Juni 2024. Alle Infos im Steckbrief.
Vor fünf Jahren ersparten erst die Briefwähler der SPÖ ihr historisch schlechtestes Ergebnis bei einer EU-Wahl. Dennoch heißt auch 2024 der sozialdemokratische Spitzenkandidat Andreas Schieder. Mit dem 54-jährigen Wiener setzt die SPÖ wie die ÖVP (mit Reinhold Lopatka) auf einen versierten Sachpolitiker, der aber nicht unbedingt zum Strahlemann taugt. Sein Abschneiden könnte schon einen Hinweis darauf geben, wie es der SPÖ unter Andreas Babler beim Wähler läuft.
Berufspolitiker mit roten Wurzeln
Schieder ist das, was man gemeinhin einen Berufspolitiker nennt. Der studierte Volkswirt war von Jugendtagen an - auch familiär bedingt - mit den Organisationen im roten Umfeld vertraut. Bei der Sozialistischen Jugend machte der Sohn des langjährigen SPÖ-Spitzenpolitikers Peter Schieder dann auch erstmals Karriere, als er zum Vizepräsidenten der Sozialistischen Jugendinitiative aufstieg.
Jung wurde Schieder auch Bezirksrat, nämlich in Penzing, wo er später auch von seinem Vater den Parteivorsitz übernahm und diesen bis zu seinem Wechsel nach Brüssel innehatte. Weitere Karrierestationen waren der Wiener Landtag und der Nationalrat. Schieder galt als Hoffnungsträger. Dass seine damalige Lebensgefährtin und nunmehrige Ehefrau Sonja Wehsely ihrerseits in der Landesregierung amtierte, war jedoch ein gewisses Hemmnis am Weg zu höheren Weihen.
Es war letztlich Werner Faymann, der Schieder zum Staatssekretär machte, zunächst für Beamte, später dann mitten in der Hypo-Krise (mit)zuständig für die Finanzen. Die Aufgabe teilte er übrigens mit Lopatka, dem er dann gleich wieder in deren nächster Rolle als Koalitions-Klubobleute gegenüberstand. Die heiße Liebe war es nicht, aber man versteht sich besser, als man vielleicht von außen annehmen würde.
Die bitterste Niederlage in Schieders politischer Karriere war das Duell um den Vorsitz der Wiener Landespartei, das ja auch den Weg zum Bürgermeisteramt markierte. Nicht nur war nach der Schlappe gegen Michael Ludwig die schöne Aussicht auf das Rathaus weg - unter der neuen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner fand er sich auch noch am politischen Abstellgleis.
Vom politischen Abstellgleis zur EU-Spitze
Da traf es sich gut, dass die Partei einen Spitzenkandidaten für die EU-Wahl suchte. Der international gut vernetzte Schieder, der sich zu dieser Zeit auch verstärkt der Situation der Kurden annahm, griff zu und nahm das Ticket nach Brüssel. Wiewohl er im EU-Parlament Fraktionschef der SPÖ ist, stand er manchmal etwas im Schatten von Evelyn Regner, immerhin Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses.
Dennoch hatte Schieder seine Momente. Er war Brexit-Berichterstatter des EU-Parlaments und Vorsitzender der Nordmazedonien-Delegation. Zuletzt legte er es sich als kritischer Wahlbeobachter in Serbien mit Ministerpräsidentin Ana Brnabic an.
Schwere Last bei kommender EU-Wahl
Am Papier ist Schieder kein schlechter Spitzenkandidat. Er ist firm in der Sache und scheut die Öffentlichkeit nicht. Für Späßchen ist sich der Vater eines erwachsenen Sohnes auch nie zu schade - sei es nun ein Foto im Erdbeer-Kostüm, Koch-Videos oder eine Art Remake des Big Bang Theory-Running Gags "Spaß mit Flaggen". Im Weg steht Schieder mitunter das, was gerne als "Wiener Grant" bezeichnet wird. Die Last bei dieser Wahl wiegt schwer. Kann die SPÖ nicht zulegen, würde das auch Parteichef Andreas Bablers Leben nicht leichter machen.
Abseits des Parlaments gehört die Leidenschaft Schieders dem Sport. Ob Yoga oder Mountainbike, der Präsident der Naturfreunde bleibt in Bewegung. Im Vorjahr bezwang Schieder den Kilimandscharo. Ob am 9. Juni der nächste Gipfelsieg gelingt, entscheidet der Wähler.
Zur Person: Andreas Schieder, geboren am 16.4. 1969 in Wien, Magister der Volkswirtschaftslehre, verheiratet mit Sonja Wehsely, ein gemeinsamer Sohn. 1994-1997 Vizepräsident der Sozialistischen Jugendinternationale, 1997-1999 Präsident der Europäischen Jungsozialisten, 1997-2006 Abgeordneter zum Wiener Landtag, ab Oktober 2006 Nationalratsabgeordneter, von Juli 2008 an Staatssekretär, zunächst im Kanzleramt, danach im Finanzministerium, ab Oktober 2013 Klubobmann der SPÖ, von November 2017 bis Oktober 2018 geschäftsführender Klubobmann der SPÖ. Seit Juli 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments und Delegationsleiter der SPÖ. Ab 2014 Vorsitzender der Naturfreunde.