Gastkommentar von Johannes Huber. Was Karl Nehammer von Migranten erwartet, betreibt er selbst auf politischer Ebene: Wie Hans Peter Doskozil versucht er, in wesentlichen Fragen Herbert Kickl zu entsprechen.
Karl Nehammer hat den „jungen“ Sebastian Kurz rechts überholt. Dieser hatte einst (als Staatssekretär) noch von einer „Willkommnenskultur“ für Migranten gesprochen und sich darüber beklagt, dass es ihnen nicht immer leicht gemacht werde. 2014 war das. Infolge der Flüchtlingskrise im Jahr darauf und schließlich mit dem Ziel, zuerst seine Partei, die ÖVP, und dann das Kanzleramt zu übernehmen, änderte er seinen Kurs. Jetzt ist dieser Kurs durch Nehammer, seinen Nachfolger, verschärft worden. Migranten hätten sich anzupassen, sagt er. Und damit basta!
In Wirklichkeit geht es hier jedoch ausschließlich um eine Anpassung an die FPÖ von Herbert Kickl. Umfragen zufolge liegt sie zu Beginn des Superwahljahres 2024 schier uneinholbar weit vorne. Dafür gibt es zahlreiche Erklärungen. Corona. Oder Teuerung. In beiden Fällen geht es darum, dass viele Menschen enttäuscht sind von der Politik und sich die FPÖ anbietet, ihr eine Absage zu erteilen.
Ein wichtiges Thema ist außerdem Migration. Sie ist in den vergangenen Jahren immer stärker geworden. Für einen erheblichen Teil der Bevölkerung wirkt sie bedrohlich. Die FPÖ antwortet darauf, indem sie ruft: „Schluss damit!“ Dafür wird sie gewählt. Am stärksten aber in ländlichen Regionen, in denen es kaum Zuwanderung gibt. Was unter anderem vielleicht daran liegt, dass Fremdes hier eher unbekannt und daher beängstigend ist.
Was tun? Für die ÖVP von Karl Nehammer ist die Sache klar: „Wir fordern ähnliche Dinge wie die FPÖ“, lautet ihre Devise. „Stopp der Zuwanderung ins Sozialsystem“, Asylwerbern, die ohnehin „freiwillig“ kommen würden, solle alles abgenommen werden.
Hans Peter Doskozil, Sozialdemokrat aus dem ländlichen Burgenland, will dem um nichts nachstehen. Er will eine Obergrenze von 10.000 Asylanträgen pro Jahr und mehr Abschiebungen, wie er gerade verkündet hat. Das entspricht wiederum Genossen aus anderen ländlichen Regionen Österreichs, wie Georg Dornauer in Tirol, der schon länger eine „restriktive“ Asylpolitik fordert.
Der Punkt ist: Durch diese Anpassungsprozesse an die FPÖ verfestigen sich Mehrheiten für ihre Positionen. Inhaltlich geht’s ja weiter. Die ÖVP will die EU zu einer Art Europäischer Wirtschaftsgemeinschaft rückentwickeln, die sie in einer früheren Phase des europäischen Integrationsprozesses einmal war.
Unterm Strich kann man sich schon ausmalen, wie künftige Regierungspolitik ausschauen wird. Sie wird sich auf Viktor Orbán zubewegen, den Kickl längst zu seinem Vorbild erklärt hat.
Davon kann man auch insofern ausgehen, als Gegenpositionen schwach sind. Das Anti-Kickl-Lager zerfällt: Sozialdemokraten und Grüne müssen mit ernstzunehmender Konkurrenz in Form der Kommunisten und der Bierpartei rechnen. Beide haben das Potenzial, besonders auf ihre Kosten zu punkten. Kleines Beispiel: Bei der Salzburger Landtagswahl ist im vergangenen Jahr jeder dritte bisherige Grünen-Wähler zu den Kommunisten gewechselt. Da konnten sie nur verlieren.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik