Kaleen - bürgerlich Marie-Sophie Kreissl - wird für Österreich am ESC 2024 teilnehmen. Im Interview verrät sie: "In meiner Kindheit wurde der Song Contest nie geschaut."
Sie ist 29 Jahre alt und hat im Vorjahr mit "Stripping Feelings" ihr Debütalbum veröffentlicht. Nun ist Kaleen vom ORF zur Österreich-Kandidatin beim 68. gekürt worden, der im Mai im schwedischen Malmö über die Bühne geht. Mit der APA sprach die gebürtige Oberösterreicherin aus diesem Anlass über Gute-Laune-Pop, ihre private Schüchternheit und die Frage, warum sie am liebsten vor der Siegerehrung nach Hause gehen würde.
APA: Sie haben ja schon beruflich einige Erfahrung mit dem Song Contest gesammelt. Haben Sie bereits als Kind immer den ESC gesehen?
Kaleen: In meiner Kindheit wurde der Song Contest nie geschaut. Meine Family war eher im Volksmusikgeschäft zuhause. Meine Großmutter ist ja Hanneliese Kreißl-Wurth. Deshalb bin ich erst 2016 über den ESC gestolpert. Damals habe ich in Schweden die Show gesehen und gedacht: Was ist das? Das ist echt was Großes. 2018 war ich dann das erste Mal Stand-In, also Ersatzfrau für die Künstler während der Probe. Und da auf der Bühne im gleichen Set-up zu agieren, das war der Funke für mich, der bei mir alles entzündet hat. Da habe ich gewusst: Das macht so viel Spaß, das will ich selbst machen.
APA: Das war zu einer Zeit, da gab es noch gar keine eigene Musik von Ihnen...
Kaleen: Da hat es noch nicht einmal die Figur Kaleen gegeben! Und dennoch stand für mich in den Folgejahren der ESC auf der Tagesordnung. So habe ich etwa beim Junior ESC in Armenien den Posten des Stage Directors übernommen. Und bei manchen Ländern war ich Creative Director. Mein Lebensweg hat sich also immer wieder mit dem ESC überschnitten. Dass ich jetzt selbst als Künstlerin auf der Bühne stehen kann, das freut mich wahnsinnig! Da schließt sich ein Kreis.
APA: Was dabei völlig neu sein wird für jemanden, der sein Debütalbum komplett selbst kreiert hat, ist die Fremdbestimmung. Haben Sie Angst davor?
Kaleen: Ich bin selfmade dahin gekommen, wo ich jetzt bin. Aber es ist angesichts der großen Geschichte, die nun auf mich zurollt, sicher richtig, das Team zu verbreitern. Aber ich kenne mich: Ich werde viel mitreden. Ich habe schon sehr genaue Vorstellungen, wie das Ganze am Schluss aussehen soll.
APA: Ihr Song - dessen Titel ja noch geheimgehalten wird - wird von einigen der schwedischen ESC-Experten geschrieben. Haben Sie selbst auch mitkomponiert?
Kaleen: An dem Song habe ich nicht mitgeschrieben. Aber ich weiß jetzt sehr genau, wo ich stehe und was ich will. Momentan gibt es noch eine Rohfassung. Und in den nächsten Wochen werden wir nochmal nach Schweden fahren, um an den letzten Feinheiten zu arbeiten. Der Song Contest ist ja ein ganz eigenes Universum - wenn man da mit Leuten zusammenarbeitet, die Erfahrung damit haben, kann man einen guten Song machen, der auf den ESC zugeschnitten ist.
APA: Ihr bisherige Musik kennend, kann man davon ausgehen, dass Sie nicht mit einer traurigen Ballade antreten...
Kaleen: Es wird keine Ballade, und ich werde nicht im Ballkleid vor einem Mikroständer sitzen. (lacht) Es wird eine technoinspirierte, sehr schnelle Popnummer, zu der man gut tanzen kann. Wir wollen eine große Party auf der Bühne schmeißen.
APA: Haben Sie persönlich Vorbilder?
Kaleen: Beyoncé hat mich als Künstlerin und Mensch sehr inspiriert. Was sie macht, ist wahnsinnig professionell und unglaublich energetisch. Volle Kanne, voll energetisch, das ist genau Meines.
APA: Wie sehr ist Kaleen eine Kunstfigur, eine Bühnenpersona, die sich von der privaten Marie-Sophie Kreissl unterscheidet?
Kaleen: Diese zwei Persönlichkeiten gibt es auf jeden Fall! (lacht) Ich bin zuhause eine um 180 Grad gewendete Person. Irgendwas passiert mit mir auf der Bühne. Ich stehe dort, bin sexy, bin selbstbewusst - das ist eine Rolle, die einfach zu mir kommt. Und daheim bin ich eher introvertiert. Eigentlich bin ich schüchtern.
APA: Bisher standen Sie immer für Gute-Laune-Pop. Kann man das auch in Malmö erwarten?
Kaleen: Für mich definiert das Pop: Es muss fröhlich sein und eine Positivität ausstrahlen. Ich finde es toll, wenn ein Genre das in einem Menschen auslösen kann und ihn nicht runterzieht. Das passt auch zu meiner Persönlichkeit als Tänzerin, die sehr, sehr stark ausgeprägt ist.
APA: Sie werden also nicht den Weltfrieden auf der Bühne ausrufen...
Kaleen: Ich will, dass die Leute einen tollen Moment mit mir auf der Bühne erleben und keine politische Bewegung in die Welt rufen. Ich sehe mich nicht als Mensch, der diese Aufgabe hat.
APA: Ist Ihnen als Mensch das Votingergebnis am Ende wichtig?
Kaleen: Ich wollte bei Meisterschaften als Tänzerin immer vor der Siegerehrung nach Hause. Auch wenn ich eh meist erfolgreich war. Das hat mir alles gar nichts gegeben. Und so möchte ich auch zum ESC fahren: Ich möchte das mir Bestmögliche abliefern. Aber was danach als Ergebnis kommt, ist zweitrangig.
(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)