Gastkommentar von Johannes Huber. Der Wiener Bürgermeister spielt nicht mit offenen Karten gegen Doskozil. Das zeigt, dass es eher „nur“ um persönliche Animositäten geht – und ist jämmerlich.
„Das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist selbstverständlich
zu respektieren“, twitterte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig am Montagabend
als Sozialdemokrat, nachdem bekannt geworden war, dass der burgenländische
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im Rennen um den Parteivorsitz eine knappe,
relative Mehrheit erzielt hatte. Der Verlierer schien sich mit seiner
Niederlage abzufinden.
Bald war jedoch klar, dass er seinen Kampf gegen Doskozil fortsetzt.
Ein Kampf, durch den er sich letzten Endes vor allem auch selbst beschädigt. Es
lässt tief blicken, dass er, der von der Papierform her der mächtigste
Sozialdemokrat ist und daher auch in der Verantwortung stehen würde, bis heute
nicht klargestellt hat, wie er sich eine notwendige Neuausrichtung der Partei
vorstellt. Er hat sich damit begnügt, an Pamela Rendi-Wagner an der Spitze
festzuhalten, damit dieser Platz besetzt ist und nicht durch den Burgenländer
eingenommen werden kann. Der Zustand der SPÖ ist daher zu einem guten Teil auch
seine Schuld.
Einen Mitgliederentscheid über den Vorsitz, wie ihn Doskozil
ursprünglich gefordert hatte, verhinderte er mit Leuten wie Christian Deutsch
(Bundesgeschäftsführer). Es sollte lediglich ein unverbindliches Stimmungsbild
erhoben und dem Parteitag das letzte Wort überlassen werden. Jetzt, da sich
Doskozil bei der Befragung durchgesetzt hat und mit bessren Chancen in den
Parteitag geht, hat es sich Ludwig anders überlegt. In der Nacht auf Dienstag
änderte er seine Meinung und forderte nun doch einen Mitgliederentscheid; er
ging wohl davon aus, dass Doskozil hier gegen seinen Mitbewerber Andreas Babler
verlieren würde.
Wie jämmerlich: Warum sagt der Bürgermeister nicht, was er
will? Warum erklärt er nicht hart, aber aufrichtig, warum er Doskozil ablehnt?
Es würde gute Gründe dafür geben. Andererseits: Was unterscheidet den
Burgenländer in der Asylfrage, über die er gerne als Rechter definiert wird,
zum Beispiel von Altkanzler Werner Faymann, dem einstigen Wohnbaustadtrat?
Dieser verteidigte eine Obergrenze für Asylanträge. Nur damit klar ist, was sie
bedeutete: Im vergangenen Jahr hätte Österreich zwei Drittel aller Anträge
zurückweisen müssen bzw. nicht annehmen dürfen.
Statt die harte, inhaltliche Auseinandersetzung zu suchen,
stichelt Ludwig lieber; zum Beispiel gegen Doskozils Stimme. Damit ruiniert er
seinen Ruf, ein staatstragender Politiker zu sein.
Wie er bisher an Rendi-Wagner festgehalten hat, versucht er
mittlerweile Babler zu pushen. Wobei: Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch,
der in seinem Sinne tätig ist, hat im ORF-Report gesagt, man solle sich
„überraschen“ lassen: Vielleicht werde es auf dem Parteitag, auf dem es am 3.
Juni zu einer Kampfabstimmung kommen soll, weitere Kandidaten für den Vorsitz
geben. Das war einerseits kryptisch, andererseits aber eine klare Botschaft:
Sollte es zur Doskozil-Verhinderung notwendig erscheinen, könnte auch dies eine
Option sein: Es wird eine Kompromisskandidatin, ein Kompromisskandidat ins
Rennen geschickt. Bitte nicht wundern, wenn es wirklich dazu kommt!
Selbst das wird Ludwig aber nicht mehr viel bringen: Er, der
von der Papierform her mächtigste Sozialdemokrat, hat in den vergangenen Wochen
erfahren müssen, dass zwei Drittel in der Partei nicht bedingungslos hinter ihm
stehen, um es vorsichtig zu formulieren. Sonst wäre Rendi-Wagner bei der
Mitgliederbefragung nicht nur auf ein schwaches Drittel der Stimmen gekommen.
Abgesehen davon ist es jetzt auch schon vollkommen egal für Ludwig, wer die
Partei übernimmt; selbst wenn die Wahl auf Babler fallen würde, würde sich kaum
etwas ändern für ihn: Babler hat eine Basis aufgeweckt, die nicht wieder
schlafengelegt werden kann, sondern für Parteiobere wie den Wiener
Bürgermeister sehr lästig bleiben wird.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe
zur Politik