Gastkommentar von Johannes Huber. Herbert Kickl gibt vor, besonders demokratisch zu sein. In Wirklichkeit läuft es jedoch auf das Gegenteil hinaus.
FPÖ-Chef Herbert Kickl hat viele Helferinnen und Helfer.
Unter anderem türkise, die ihm und seinesgleichen durch Regierungsbeteiligungen
in den Ländern den Weg ins Kanzleramt ebnen, aber auch rote, die ihm wenig bis
nichts entgegenzusetzen haben. Allein eine Koalition mit ihm auszuschließen,
wie es SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner tut, kann ihm egal sein. Begründung:
Wie Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verabsäumt sie es, eine breite
Mittelschicht anzusprechen, die trotz Arbeit und Leistung das Gefühl hat,
aufgrund von Teuerungen und Zinssteigerungen zu verlieren; die mehr und mehr feststellen
muss, dass zum Beispiel eine eigene Wohnung oder ein eigenes Haus illusorisch
geworden ist.
Das erklärt den Aufstieg von Herbert Kickl zu einem
wesentlichen Teil. Er ist der Einzige, der das wahrnimmt und diese Leute
anspricht. Indem er ihnen vermittelt, dass sie von Eliten hängengelassen und
vergessen werden. Und indem er ihnen verspricht, sich ihnen als „Volkskanzler“
nicht irgendwie, sondern „total“ zuzuwenden.
Insofern ist es nachvollziehbar, dass Freiheitliche bei den
jüngsten Landtagswahlen durchwegs eher in der Mitte der Gesellschaft punkteten.
Nicht so sehr „unten“, geschweige denn „oben“. Es handelt sich um Männer und
Frauen, die einen sozialen Abstieg wahrnehmen oder befürchten.
Türkise und Rote scheinen das zu übersehen, obwohl es ihnen
als traditionsreiche Massenparteien zusetzt. Umso bemerkenswerter ist auch,
dass sie sich nicht einmal bemühen, herauszuarbeiten, wie Kickl blendet.
Zum Beispiel eben, wenn er sich als totaler
Volkskanzler(-Kandidat) ausgibt. Das ist etwas zutiefst Antidemokratisches: Es
suggeriert, dass es ein Volk mit einheitlichen Sorgen und Bedürfnissen gebe.
Dass man immer 100 Prozent des Volkes gerecht werden könne. Es unterstellt
umgekehrt, dass der Kanzler von 100 Prozent zu allem ermächtigt sei. Das ist
jedoch nie und nimmer der Fall. Also würde es auf einen totalitär-willkürlichen
Regierungschef hinauslaufen.
Eine Ahnung dazu wird gerade aus Salzburg geliefert. In
Bezug auf Schwarz-Blau heißt es hier regelmäßig, dass das dem Willen der Wähler
entspreche. Das ist jedoch eine Anmaßung: Wähler haben der ÖVP 30,4 und der FPÖ
25,8 Prozent beschert. Das war‘s. Auf dem Stimmzettel standen keine
Koalitionsvarianten. Begleitende Befragungen lassen lediglich die Vermutung zu,
dass Schwarz-Blau nicht die bevorzugte Variante ist (eher wäre dies Schwarz-Rot
gewesen). Das ist jedoch belanglos. Es zeigt nur, wie heikel es ist, so zu tun,
als würde es einen einzigen, klaren Wählerwillen geben.
Wenn Herbert Kickl die FPÖ bei der nächsten Nationalratswahl
auf Platz eins führt, mit der ÖVP zu einer parlamentarischen Mehrheit sowie
einem Bündnis kommt und vom Staatsoberhaut akzeptiert wird (was dieser dann
kaum verweigern könnte), dann ist er Bundeskanzler. Punkt. Sollte er sich dann
auch noch als Volkskanzler ausgeben, müsste das als eine Art Selbstermächtigung
darüber hinaus verstanden werden: Es wäre zu befürchten, dass er Minderheiten,
die es in unterschiedlichen Zusammensetzungen bei jeder Fragestellung gibt,
nicht einmal ignorieren würde. Und dass er sich unter Umständen auch über den
Geist der Verfassung hinwegsetzen würde, weil er allein ja von seinem
Selbstverständnis her das Höchste verkörpert: den Souverän.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik.