Gastkommentar von Johannes Huber. Gut möglich, dass es ÖVP und SPÖ in ein paar Jahren nicht mehr gibt. Die Zukunft gehört eher Ein-Personen-Bewegungen. Das ist gefährlich.
Natürlich haben die Kommunisten fast zwölf Prozent gewonnen
bei der jüngsten Landtagswahl in Salzburg. Zu verdanken haben sie das aber
einem Mann: Kay-Michael Dankl. Sie selbst wären bei
Null-komma-irgendwas-Prozent geblieben. Und auch er hat ihnen die 11,7 Prozent
nur bescheren können, weil er nicht mit roten Fahnen und kommunistischen Parolen
herumgezogen ist, sondern sich schon länger mit der Wohnungsnot beschäftigt,
Bedürftige berät und einen Teil seines Gemeinderatsgehalts spendet.
Parteien werden durch Ein-Personen-Bewegungen verdrängt. ÖVP
und SPÖ müssen feststellen, dass sie Leuten nicht mehr das bieten können, was
sie sich von ihnen erwarten. Gut möglich, dass es sie in ein paar Jahren nicht
mehr geben wird.
Es ist eine schleichende Entwicklung. 2017 hat sich die ÖVP
auf Bundesebene selbst aufgegeben und ganz einem jungen Mann übergeben: dem
damals 30-jährigen Sebastian Kurz. Er hat von den Landeshauptleuten sogar
weitreichende Befugnisse erhalten, zu schalten und zu walten, wie es ihm
gefällt. Mittlerweile ist Kurz zurückgetreten, alte Verhältnisse sind aber
nicht wiederhergestellt worden. Organisatorisch und als Marke besteht die
Partei noch, in Wirklichkeit ist sie jedoch tot: Es gibt nicht einmal mehr
Diskussionen und Willensbildungsprozesse, die zeigen würden, dass sie um
Lösungen für gesamtgesellschaftliche Probleme ringt. Stattdessen hält der Chef,
Bundeskanzler Karl Nehammer, eine Rede zur Zukunft der Nation, die offenbart,
dass er keine Visionen hat; dass es ihm nur darum geht, Verbrennungsmotoren zu
erhalten.
Bei der SPÖ läuft der Zerfallsprozess ebenfalls. Wenn es
ganz dumm kommt für sie, zerreißt es sie in der Vorsitzfrage schon in wenigen
Wochen oder Monaten. Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner ist vielen zu schwach.
Ihre Herausforderer Hans Peter Doskozil und Andreas Babler polarisieren.
Doskozil ist ein Einzelkämpfer, der sich nicht scheut, sich über starke Flügel
in der Partei, wie die Gewerkschafter, hinwegzusetzen. Babler würde dem
„Establishment“ in der Partei, also denen, die bisher entscheidend waren,
zusetzen. Unter seiner Führung müssten sie sich zurücknehmen. Er steht für
einen Umsturz der Machtverhältnisse. Die Basis solle gestärkt werden, sagt er.
In Wirklichkeit könnte er allein aber alles so sehr überstrahlen, wie es Dankl
bei den Salzburger Kommunisten tut.
Die FPÖ war die erste Partei, die den Begriff Partei aus
ihrem Namen gestrichen hat. In den 1990er Jahren war das. Jörg Haider sorgte
damals dafür, dass sie vorübergehend nur die Freiheitlichen waren. Das war eine
Ansage. Wobei: Das Sagen hatte er allein, nicht zu Unrecht war von einer
Führerpartei die Rede. Mittlerweile hat sich Herbert Kickl zum alleinigen Chef
hochkämpfen können, weil mit ihm die besten Aussichten auf Wahlerfolge
einhergehen.
Gut ist diese Entwicklung nicht. Funktionierende Parteien
sind unverzichtbar für eine Demokratie, wie sie in Österreich verfasst ist. Sie
sollen helfen, dass sich Teile der Gesellschaft zusammentun, um sich gemeinsam
für Vorstellungen einzusetzen, die sie verbindet. Das scheint jedoch nicht mehr
zu funktionieren: An ihre Stelle treten Einzelkämpfer, die, solange sie eine
Mehrheit (oder die Hoffnung darauf) bringen, freie Hand haben. Die nicht einmal
dann zurückgepfiffen werden, wenn sie den Rechtsstaat angreifen oder zum
Beispiel mit Unterstützung willfähriger Abgeordneter beschließen, die Wiener
Zeitung abzuwürgen. Was im schlimmsten Fall schlicht auf eine Art Orbánismus
hinausläuft.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe
zur Politik