Die Spanierin Beatriz Flamini hat freiwillig 500 Tage in Isolation unter der Erde gelebt, in einer circa 70 Meter tief gelegenen Höhle der südspanischen Provinz Granada.
Sie hatte bisher keine Ahnung vom Ukraine-Krieg und wusste auch nicht, dass die Corona-Pandemie vorbei ist. "Ich habe diese ganze Zeit mit niemandem gesprochen, nur mit mir selber", sagte die 50 Jahre alte Bergsteigerin, Kletterin und Höhlenforscherin.
Frau lebte unter der Erde
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© APA/AFP/Jorge Guerrero
Spanierin lebte freiwillig unter der ERde
Am Freitag um
09.07 Uhr kletterte sie mit einem breiten Lächeln und unter großem
Medienrummel aus dem Loch. "Ich werde euch schon erzählen, wie es da
unten war (...) Aber wenn ihr es erlaubt, gehe ich jetzt erst mal
duschen, denn ich habe seit eineinhalb Jahren kein Wasser mehr
angerührt", sagte sie laut lachend vor den Kameras des staatlichen
TV-Senders RTVE und anderer Medien, die stundenlang live aus der Costa
Tropical in Granada berichteten.
Nachdem sie wieder ans Tageslicht
gekommen war, umarmte sich Flamini als erstes rund zehn Minuten lang
Angehörige und Freunde und auch die Forscher, die das Projekt geleitet
und begleitet haben. Die Frau war sichtlich bewegt, nicht nur bei ihr
flossen Freudentränen.
Spanierin machte gesundheitlich guten Eindruck
Flamini, laut Medien eine
"Elitesportlerin", machte gesundheitlich und emotional einen guten
Eindruck, obwohl sie zunächst etwas Schwierigkeiten hatte, das
Gleichgewicht zu halten, wie sie einräumte. Entgegen der Empfehlung nahm
sie bei strahlendem Sonnenschein nicht nur den Schutzhelm, sondern auch
die dunkle Brille ab. In ihrem ersten kurzen Statement bezeichnete sie
die Erfahrung als "ausgezeichnet, nicht zu übertreffen, nicht zu
übertreffen!".
Das auf Video festgehaltene Projekt "Timecave"
wurde von Forschern verschiedener Disziplinen der Universitäten Granada
und Almería geleitet und begleitet. Nach ihren Angaben hatte Flamini
seit Beginn des Experiments im November 2021 überhaupt keinen Kontakt
zur Außenwelt. Sie hatte unter anderem keine Uhr und kein Telefon. Sie
verfügte über Strom und einen Laptop, mit dem sie zwar Information an
die Außenwelt habe senden, aber nicht empfangen können.
Flamini brach Weltrekord der Italienerin Lanzoni
Nach
Angaben der spanischen Forscher hat Flamini den "Weltrekord" der
Italienerin Christine Lanzoni gebrochen, die 2007 genau 269 Tage in
einer Höhle verbracht habe. "Das ist ein unvergesslicher Tag", sagte der
Höhlenforscher Paco Morales zu RTVE. "Beatriz ist mit einer
unglaublichen Vitalität und Stärke da herausgekommen. Hut ab."
Das
Experiment löste in Spanien großes Aufsehen aus - und auch Stolz.
"Toll, das sind unsere Frauen", sagte die Rentnerin Rosa (82), die in
einem Café in Madrid die RTVE-Übertragung verfolgte. Flamini wurde in
Spanien zur Heldin des Tages. Sie und ihr Team wurden sogar von
Mitgliedern der linken Regierung gelobt. Der Minister für Industrie,
Handel und Tourismus, Hector Gómez, würdigte etwa den Mut der Frau.
Das
Experiment war aber keineswegs nur eine "Mutprobe". Die Forscher wollen
die Auswirkungen der vollkommenen Isolation untersuchen und unter
anderem ermitteln, ob diese zu neuropsychologischen und kognitiven
Veränderungen geführt hat. Es soll auch eine Doku geben.
Experiment löste großes Aufsehen aus
Doch wie
war das Leben in der dunklen Höhle? Flamini hatte den Angaben zufolge
dort ein Zelt. Das Team versorgte sie regelmäßig mit (insgesamt
eineinhalb) Tonnen Lebensmitteln, Wasser, Kaffee und sonstiges Material,
die in einer "Sicherheitszone" hinterlassen wurden. Diese Zone wurde
per Kamera rund um die Uhr überwacht. Flamini musste aus
Sicherheitsgründen dort regelmäßig vorbeischauen, "damit wir sicher sein
konnten, dass es ihr gut geht", so Morales.
In der Einsamkeit
habe die Abenteurerin viel philosophiert, erzählte der Höhlenforscher.
"Sie hat uns Videos geschickt, 60 Bücher gelesen, (...) sie hat Gedichte
und Erzählungen geschrieben." Natürlich habe es auch mal schwere
Momente gegeben. Auf einem der veröffentlichten Videos ist etwa zu
sehen, wie Flamini die Hände verzweifelt vors Gesicht schlägt und sagt:
"Was für ein furchtbarer Tag. Ich will nur die ganze Zeit weinen."
"Aber
sie hat viel Erfahrung, Überlebens-Erfahrung, und hatte deshalb alles
gut im Griff", betonte Morales. In einer Pressekonferenz, die nur
zweieinhalb Stunden nach Abschluss ihrer Ausdauerleistung stattfand,
zeigte Flamini, dass sie auch nicht ichbezogen ist. "Ich tue das auch,
weil ich denke, dass es dazu beitragen kann, zu helfen und (das Leben
anderer Menschen) zu verbessern". Sie habe viel gelernt und denke, dass
sie nun "ein besserer Mensch" sei. Die Erfahrung habe sie "genossen",
die Zeit sei wie im Flug vergangen. "Für mich waren das nur wie 160, 170
Tage."
Wer nun meint, Beatriz Flamini habe nach 500 Tagen in absoluter Einsamkeit genug von Abenteuern, der irrt gewaltig. "Sie plant schon ihr nächstes Abenteuer", verriet Höhlenforscher Morales.