Gastkommentar von Johannes Huber. Die SPÖ steht vor einem Umbruch. Für Rendi-Wagner wird’s eng. Michael Ludwig wird sich letztlich auf die Seite des Traiskirchner Bürgermeisters schlagen müssen.
Andreas Babler übertreibt: „Ich bin der Typ, der Menschen
liebt“, sagt er. Das hätte der Bürgermeister von Traiskrichen nicht nötig: Mit
der SPÖ hat er bei der letzten Gemeinderatswahl einmal mehr über 70 Prozent
geholt. Österreichweit ist er als hemdsärmeliger Typ bekannt, der anpackt. Er
redet nicht Hochdeutsch, sondern Dialekt und lässt sich gerne auch kumpelhaft
„Andi“ nennen. Das trägt schon zur Hälfte zu seinem Erfolg bei. Es macht ihn
authentisch. Wenn er nun aber extra betonen muss, die Leute zu lieben, lässt
das Zweifel aufkommen: Warum muss er es hervorheben? Es wirkt ganz einfach zu
seltsam.
Grundsätzlich würde es sensationell gut laufen für Babler:
Er rockt. Nicht nur in Traiskirchen und Umgebung. Wer soziale und andere Medien
konsumiert, könnte den Eindruck gewinnen, er werde bei der Mitgliederbefragung
über den SPÖ-Vorsitz 90 Prozent erreichen, während sich seine Mitbewerber
Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil die verbleibenden zehn Prozent
teilen dürfen.
Ausgerechnet, aber wenig überraschend, erfährt er an der
Parteibasis in Wien den mit Abstand größten (wahrnehmbaren) Zuspruch: In der
Stadt wird die SPÖ von Bürgermeister Michael Ludwig geführt. Dieser steht
beharrlich hinter Rendi-Wagner. Mehr als durch Doskozil wird sie in ihrer
Position nun aber durch Babler gefährdet. Der Mann hat schon den „Roten Bogen“,
ein Parteilokal in Ottakring, gefüllt und das Publikum begeistert. Die „Sektion
8“ zählt zu seinen Fanklubs. Und der „Verein zur Förderung politischer
Beteiligung“, der hinter seiner Kampagne steht, wird durch Funktionäre aus
mehreren Bezirken gebildet.
Kein Wunder: Der 50-Jährige ist ein leidenschaftlicher
Linker, der für seine Sache brennt, mehr Geld verteilen und Reiche stärker zur
Kasse bitten möchte. Das kommt gerade bei Genossinnen und Genossen in Wien an,
die eher links der Mitte stehen und die die Nicht-Politik von Rendi-Wagner satt
haben. Sie sind begeistert.
Man sollte nicht ausschließen, dass das letzten Endes auch
bei einer relativen Mehrheit der Wählerinnen und Wähler ankommt. Bablers
Programm „Wir da unten gegen die da oben“ ist – mit einem anderen Stil und
anderen Inhalten versehen – auch das Programm von Herbert Kickl (FPÖ).
Zunächst aber muss Babler SPÖ-Vorsitzender werden. Bisher
steigen seine Chancen von Tag zu Tag, für manche ist er schon Favorit. Damit
steht die SPÖ vor einem Umbruch wie die ÖVP vor sechs Jahren mit Sebastian
Kurz. Machtverhältnisse werden auf den Kopf gestellt. Die Partei wird durch
eine Person ersetzt. Babler redet zwar immer von „wir“, wen genau er damit
meint, verschweigt er jedoch. Landeshauptleute verlieren – ob freiwillig oder
unfreiwillig - das Sagen. Da ist einer, an den sie übergeben müssen, weil er in
Teilen der Öffentlichkeit einfach „zu gut“ ankommt.
Das läuft zunächst auch auf eine Niederlage für Ludwig
hinaus. Wie schon bei der Ablöse von Werner Faymann 2016 kann der Chef der
Wiener SPÖ (damals Michael Häupl) keinen Einfluss auf die Entwicklungen nehmen.
Er wird vor vollendete Tatsachen gestellt. Andererseits könnte das Ganze für
Ludwig verkraftbar werden: Babler als Vorsitzender wäre für ihn allemal besser
als sein Feind Doskozil, den er ja um jeden Preis verhindern möchte. Und:
Sollte es Babler gelingen, die SPÖ zu Wahlerfolgen zu führen, könnte es ihm
auch nur recht sein. Darauf kommt es unterm Strich nämlich an.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe
zur Politik