Gastkommentar von Johannes Huber. Der Umgang von Wiens SPÖ-Chef, Bürgermeister Micheal Ludwig mit Hans Peter Doskozil ist irritierend: Geht es nur noch darum, persönliche Rechnungen zu begleichen? Ist die Partei egal? Offenbar.
Übereinstimmenden Medienberichten zufolge ist es bei den
jüngsten Krisensitzungen der SPÖ alles andere als freundschaftlich zugegangen.
Die Tageszeitungen „Krone“ und „Kleine“ wiesen unabhängig voreinander auf das
Verhalten des Wiener Landesparteivorsitzenden Michael Ludwig hin. Der
Bürgermeister habe gegen Hans Peter Doskozil gestichelt. Genauer: Gegen dessen
Stimme. Darüber kann man sich wundern.
Erstens: Die Stimme des Mannes, der Pamela Rendi-Wagner an
der Bundesparteispitze beerben möchte, ist wirklich ein Problem. Auch wenn er
es selbst dementiert, und auch wenn es sich um ein heikles, weil gesundheitliches
Thema handelt: Es ist wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, ob er unter
diesen Umständen überhaupt einen Wahlkampf bestreiten und allenfalls
Bundeskanzler sein könnte. Das gehört offen diskutiert.
Zweitens: Es ist jedoch schäbig, das gehässig zu tun. Ludwig
hätte so etwas nicht nötig. Es setzt ihn dem Vorwurf aus, hier nur emotional
einen persönlichen Konflikt auszutragen.
Drittens: Sowohl Ludwig also auch die SPÖ selbst nehmen
dadurch weiteren Schaden. Es schwächt das Ansehen eines Wiener Bürgermeisters,
wenn er sich so gehen lässt. Gerade er sollte staatstragend agieren. Wobei man
glauben würde, dass das nicht schwer sein kann.
Die Sache ist doch klar: Wenn die Partei noch einmal zu
einer Chance aufs Kanzleramt kommen möchte, müsste sie Pamela Rendi-Wagner
ablösen. Sie hat keine Bewegung zugunsten der SPÖ ausgelöst. Auch Umfragewerte
aus dem vergangenen Jahr widerlegen das nicht: Damals war die Partei vorne,
weil die ÖVP nach Sebastian Kurz noch im freien Fall war und sich die FPÖ unter
Herbert Kickl noch nicht von den Folgen der Ibiza-Affäre erholt hatte. Sie
selbst hatte nichts dazu beigetragen.
Das macht Hans Peter Doskozil nicht alternativlos.
Umfragewerte, die zeigen, dass die Partei mit ihm zu einem besseren
Wahlergebnis kommen könnte, sind ein Argument für ihn, aber nicht zwangsläufig
ein entscheidendes. Man könnte zum Beispiel einwenden, dass er vernachlässigt,
was Teilen der Sozialdemokratie wichtig ist: Sozialpartnerschaft etwa; oder
eine moderne, weltoffene Politik für urbane Menschen. Wenn man das unterstellt,
müsste man jedoch eine Alternative aufzeigen.
Gerade Ludwig müsste das tun: Er ist der mächtigste Sozialdemokrat und steht damit in der Verantwortung. In guten, wie in schlechten Zeiten. Derzeit durchlebt die Partei nicht nur schlechte, sondern katastrophale Zeiten. Sie ist in ihrer Existenz bedroht. Da wäre Ludwig gefordert, nicht an Rendi-Wagner festzuhalten und gegen Doskozil zu sticheln, nur um ihn zu verhindern, sondern sich um eine neu Vorsitzende, einen neuen Vorsitzenden zu kümmern.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe zur Politik